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FontStruct – Schriften gestalten im Internet

Der Vortrag von Fontshop zur offenen Internetplattform FontStruct brachte einige Herausforderungen mit sich. Die dem Vorführeffekt nachzutragenden üblichen technischen Schwierigkeiten wie fiepsende Mikrofone und in der Präsentation falsch dargestellte Farben, die die Marke kurzfristig sabotierten, machten den Vortrag zusammen mit der besonderen Geräuschkulisse der offenen und durchlaufenen TYPOStage unverwechselbar.

Daniel Hartz – Fotografie: Wohin die Reise geht

Die neue Art der Werbefotografie: Ein Auto zwischen Hochhäuser, das dort niemals stand.

Vom schwarzen Tuch zum Computermonitor – die Fotografie befindet sich seit einigen Jahren auf einer rasanten Reise vom Negativ zum Pixel. Daniel Hartz meint: „Der Schock der Veränderung vom Analogen zum Digitalen in der Fotografie sitzt tief.“ Als Hartz noch ein kleiner Junge war, ist er mit seinem Vater oft Schrift abholen gegangen. Sein Vater war Schriftdesigner, in seinem Büro wurde geschnitten und geklebt. Ein Vorgang, der heute unvorstellbar ist. Hartz zeigt Fotos von früher und Fotos von heute. Es sind Werbefotografien von Autos. Traditionell sahen sie so aus: Ein Typ Rocker oder Punker stand vor einem Auto, dahinter eine Straße, ein Haus, ein strahlend blauer Himmel. Heute sieht der Betrachter das Wasser pixelgenau unter den Reifen der Autos spritzen, schicke Cabrios stehen in Wüsten, auf Gletschern und spiegeln sich in verglasten Hochhäusern. Eine perfekte Komposition, die rein auf digitalisierter Fotografie beruht.

Klar, der Produktionsablauf beginnt genau wie früher: eine Location muss gefunden werden, das Konzept steht auf Papier. Doch statt wie in der analogen Welt das von den Augen wahrnehmbare abzufotografieren, gibt es heute einen Shot des 360°-Settings. Erst danach wird entschieden an welcher Stelle im Gletscher das Auto eingesetzt werden soll.Daniel Hartz meint, die Zukunft der digitalen Fotografie hätte gerade erst begonnen. Adobe arbeite an einer Clusterlens. Auf das Objektiv aufgeschraubt macht die Linse 19 Fotos gleichzeitig, der Fotograf kann nachher die Schärfe bestimmen. Außerdem wird es eine Software geben, die erkennen kann, ob ein Foto manipuliert oder echt ist. Das ist das so genannte Bild-Forensing. Hierhin geht die Reise.

Text: Anja Hübner

Dietmar Henneka – Warum man viele Bilder tatsächlich aufhängen sollte…

Dietmar Henneka ist nicht zufrieden. Als englischer Redner war er angekündigt zum Thema Image, dabei spricht er doch Deutsch und über Werbung. Und die findet er unglaublich uninspiriert. Zumindest heutzutage. Gute Bildideen sind abgekupfert, selbst haben die (übrigens anwesenden) Kreativen nur noch schlechte, und zum Schluss geht das ganze durch die „Wurstmaschine“, die andere Computer und Photoshop nennen, man drückt den Knopf „Fuddel mir das Bild zusammen“ und heraus kommt „Quark. Von mir aus auch QuarkXpress.“


Henneka und die vollbesetzte TYPO-Hall toben, unabhängig voneinander, die Publikumsbeschimpfung erheitert beide Seiten.

Und weiter geht’s. Denn Henneka ist nicht generell gegen Photoshop. Nur wenn man es nutzt, Iris Berben von einer Jacht zu werfen. Danach sieht ein Werbeplakat, auf dem eine dunkelhaarige Schöne durch die Luft weg von einer Jacht läuft, nämlich aus für ihn. Wenn schon digital, dann soll wenigstens ein Mann wie Lucky Luke im Fallen mit zwei Sprühflaschen Glasreiniger auf eine Scheibe schießen.
Sein Tipp zum Schluss: Wer gute Fotos macht, muss nicht digital nachbearbeiten. Dafür braucht man Geduld. „Warten bis das Licht kommt ist wichtig.“ Und natürlich eine 8 x 10 Inch-Polaroid. Dann kann nichts schief gehen.“

Text: Juliane Wiedemeier, Foto: gerhardkassner.de

Jonathan Barnbrook – Treffen mit dem Designer

Wo man auf der TYPO Designer treffen kann? Im Kellergeschoss, zwischen Treppe und Café, direkt neben dem Fahrstuhl. Dort ist eine kleine Bühne aufgebaut, zehn Reihen schwarzer Stühle davor.


Jonathan Barnbrook erläutert seinen Bilder-Kampf gegen George W. Bush.

Freitag Mittag, das Auditorium lauscht, Jonathan Barnbrook spricht über seinen Bilder-Kampf gegen George W. Bush. Der Apfel seines MacBooks leuchtet, auf die Leinwand projiziert er Bilder. Ronald McDonald als Osama bin Laden, die Entwicklung der Menschheit vom Affen zum Soldaten, George W. Bush mit einem Barcode als Bärtchen. Hier wurde mit bekannten Marken und Menschen gespielt, kleine Veränderungen im bekannten Bild erzielen große Wirkung. Jonathan Barnbrook als Adbuster.


Zeit für Fragen, das Auditorium scheut sich.

Eine Fiat-Besitzerin mit Berliner-Kennzeichen wird aufgerufen, sich am Counter zu melden, danach spricht wieder Barnbrook. Seine Arbeit teile sich auf in 60 Prozent Werbung, 40 Prozent Privates. „Ich könnte reicher sein“, sagt er, dann folgen weitere Adbuster-Plakate. „Adbuster: Buy nothing day“ steht auf einem. Dann gibt es Lunch.

Text und Fotos: Juliane Wiedemeier

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Stefanie Fortmann – Die Arbeit an sich selbst

Wer als Designer eine eigene Idee verkaufen will, der muss auch selbst etwas Eigenes darstellen. Das ist der Ausgangspunkt von Stefanie Fortmanns Vortrag. Mit vielen Bildern begleitete sie den Zuhörer durch die Geschichte der menschlichen Eitelkeit. Auf den Bildern war sie stets selbst zu sehen; mal als Inkafrau, mal mit einer mächtiger Perücke, als Michael Jackson oder Amy Winehouse. Von Anfang an verbanden die Menschen Jugend mit Gesundheit und Schönheit. Und schon immer war der Mensch bestrebt, sich zu verschönern; ob mit Tätowierungen oder einfach nur durch Kosmetik.

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Font Fight

Vier Pulte, vier Farben, vier Kandidaten – dazu Moderator Bruno Maag, Kampfrichter, Ringmeister, Titelhalter des Englischen Champions 2006!
Die Regeln: Drei Minuten Zeit für jeden Kandidaten, um für sich zu werben. Die drei Pflichtdisziplinen: Schrift; gute Anwendung; schlechte Anwendung. Die Kür in der vierten Runde: Freestyle. Sieger ist, wer der Menge den frenetischsten Applaus entlocken kann. So weit, so gut.

Adam Twardoch – Verdana ist gut, meine ist besser!

Welche Technik ist die beste, um Schriften im Internet darzustellen? Diese Frage stellte sich Adam Twardoch in seinem Vortrag „Verdana ist gut, meine ist besser!“. Er nahm die Zuhörer mit auf eine kleine Zeitreise der digitalen Schrift. Was uns heute so normal erscheint, klingt doch verblüffend unerwartet: Die Geschichte des Computers bedeutet auch die Erfindung neuer Schriftarten extra für das Tippen auf einer Tastatur.

Nach Arial und Times New Roman entwickelte 1996 Matthew Carter für Microsoft die Standardschriftarten Verdana und Georgia – die Grundlage aller Webprogrammierung. Was dann in Twardochs Vortrag folgte, war wohl ausschließlich äußerst technikversierten Zuhörern zugänglich: EOT, Hinting, Kantenglättung, WEFT und Bitstream. Am Ende blieb die Erkenntnis: „Die Zeit ist gekommen das Microsoft Schrift-Monopol zu durchbrechen“, wie Hakon Wium Lie 2006 sagte. Das hat sich Adam Twardoch zum Ziel gesetzt.

Text: Anja Hübner (creativevillage)

Holger Schmidhuber & Rolf Mehnert – Warum Image echte Werte braucht

Schon die Ankündigung des Sprechers mit französischem Akzent machte gute Laune. Schmidhuber und Mehnert seien mit ihrem Designbüro fuenfwerken (das übrigens nicht von fünf, sondern von vier Leuten geführt wird) unter anderem für die neue Berlinkampagne verantwortlich, erzählte er. Allerdings nicht für den Claim „Be Berlin“ – sie hätten vielmehr „gerettet, was zu retten war“. Das Publikum in der überfüllten TYPOshow raste vor Lachen, genau wie beim ersten Satz von Schmidhuber, als er seinen Kollegen vorstellte: „Der Dicke hier, das ist Rolf Mehnert“. Die Zuschauer waren kurz still vor Verblüffung, bis Schmidhuber hinterherschub: „Wenn wir schon authentisch sein wollen, müssen wir die Wahrheit sagen.“

Und Authentizität war auch das Thema der Präsentation, besser gesagt Corporate Social Responsibility (CSR). Anhand von anschaulichen Bildern wurde deutlich, dass Image, Werte und Identität für die Wirkung von Unternehmen auf ihre Kunden unglaublich wichtig sind, vor allem je größer ein Unternehmen ist. So schnell, dass es kaum möglich war, mitzulesen, wurden die wichtigsten Werte verschiedener Unternehmen, wie zum Beispiel Toyota, Lufthansa oder T-Online, gezeigt. Am Schluss stellten die Referenten die Top Drei der Werte auf, nämlich Integrität, Verantwortung und Innovation. Das Fazit: Man muss authentisch sein um Erfolg zu haben.

Am Beispiel des Bio-Booms konnte man sehen, wie Authentizität nicht funktioniert – wenn nämlich alle Discounter auf den Bio-Trend aufspringen, so dass Massenproduktion die eigentlichen Gründe, biologische Lebensmittel zu kaufen, nicht mehr rechtfertigt. Danach zeigten die Beiden einen Imagefilm von Dove, der den Schönheitswahn kritisiert, und direkt im Anschluss einen Werbefilm von Axe, der den Schönheitswahn stilisiert. Die Fragezeichen in den Gesichtern der Anwesenden verschwanden schnell, als herauskam: Sowohl Dove als auch Axe gehören zum Mutterunternehmen Unilever.

Zum Abschied gab es ein Zitat von Douglas Rushkoff, welches das Thema noch einmal auf den Punkt brachte: „Wenn die Unternehmen sich natürlich benehmen, entsteht von selbst eine neue Kommunikation”.Zum Abschied gab es ein Zitat von Douglas Rushkoff, welches das Thema noch einmal auf den Punkt brachte: „Wenn die Unternehmen sich natürlich benehmen, entsteht von selbst eine neue Kommunikation”.

Text: Franziska Seyboldt

Stefanie Grebe – Wirklich wahr!

Unser Alltag ist ohne Fotografie nicht denkbar: Fotos liefern für die meisten Menschen ein Abbild der Realität und da der Wunsch nach Fakten immer größer wird, hat die Fotografie einen wichtigen Stellenwert.

Dass wir Fotografie trauen und sie für glaubwürdig halten, hat einen bestimmten Grund: Früher und heute diente sie als Hilfs- und Beweismittel bei polizeilichen Ermittlungen. Dort gilt die Fotografie immernoch als verlässlicher Ermittler. Einem Foto trauen die meisten Menschen mehr als einer Zeichnung oder einer subjektiven Beschreibung. Stefanie Grebe zeigte während ihres Vortrags verschiedene Bilder aus Polizeiarchiven, aber auch Bilder von Fotografen, auf denen versucht wurde, die Realität nachzustellen. Der Unterschied war kaum zu erkennen.

Eine nachgestellte Paparazzifotografie hätte jeder Leser einer Boulevardzeitung für Realität gehalten.Haben die Bilder jedoch eine Bildunterschrift, verändert sich ihre Bedeutung. Manche Bilder erklären sich jedoch ohne jedes Wort. Für Realität halten kann man sie jedoch nicht, da die Perspektive aus der Fotograf zu sehen wäre, im Dunkeln bleibt. „Wer einem Foto nicht glauben will, findet immer ein Indiz für die Lüge“, so Stefanie Grebe. In verschiedenen Branchen hat die Fotografie die unterschiedlichsten Bedeutungen. Wissenschaftliche und journalistische Fotografien haben den Anspruch, die Wirklichkeit zu zeigen und der Rezipient will das Abgebildete glauben.

Werbefotos sind jedoch keine Dokumentation. Sie wollen verführen und kein Mensch erwartet eine Abbildung der Realität in der Werbung. Dennoch, gibt Stefanie Grebe zu bedenken, glauben Männer und Frauen, dem Bild der Werbung all zu oft entsprechen zu müssen. In der Kunst sind Fotos weder der Dokumentation noch der Fiktion zuzuordnen. Sie bedient sich manchmal der Fiktion, um auf etwas Reales aufmerksam zu machen. Zum Beispiel, wenn Bilder von Missständen nachgestellt werden, um den Menschen zu zeigen, was in der Realität abläuft. Der Fotograf ist für uns ein stellvertretender Beobachter, aus dem Blickwinkel des Unbeobachteten.

Auf dem dokumentarischen Bild blickt keine Person direkt in die Kamera. Der Rezipient, fühlt sich, als wäre er dabei. Fällt ein Blick vom Foto in die Kamera, so wird die Situation aufgelöst. Das enttarnt den Fotografen und macht das Bild doch wieder glaubwürdig. Anhand vieler komlexer Thesen und Bilder veranschaulichte Stefanie Greber diese Theorien und regte zu einer neuen Sichtweise an. Ist das Abgebildete auf Fotos „wirklich wahr!“ ?

Text: Michelle Ziegelmann (creativevillage) Foto: www.gerhardkassner.de

Kurt Weidemann – Sei einzigartig ohne als Einziger artig zu sein

In seinem knapp 23-minütigen Vortrag umriss Weidemann, Schriftenentwerfer wie selbsternannter Astronautenphilosoph, die Veränderung der Menschheit im Zeitalter globaler Vernetzung.


Zunächst eröffnete Weidemann dem erwartungsvollen Auditorium, zum Thema „Image“ keine Bilder zu zeigen. Jeder solle Worte selbst in Bilder umsetzen.

Trotz chronologischen Vorgehens sprang Weidemann in seinem Vortrag hin und her: Ausgehend von der Evolutionstheorie philosophierte er über das Image des Menschen als langsamtes Wesen unter allen Säugetieren. Bis die Fähigkeiten der sogenannten Krone der Schöpfung ausgebildet seien, dauere es eine erhebliche Zeit, zumindest bis sich der Mensch von anderen Säugetieren unterscheide. Dann aber, wenn diese Entwicklung erreicht ist, versuche der Einzelne immer noch besser zu werden. Der Mensch sei eine Kalkülmaschine, welches die Grenzen auslote und dabei des öfteren potenzielle Gegner im Extremfall sogar vernichte.

Weidemann zeigte Erregung. Stichwort: „Uniformierung durch das Netz.“ Information erreiche jeden Einzelnen schneller, aber noch lange nicht nachhaltiger. Ein Zyklus zwischen Aufnahme und Vergessen. Die Magie des Nichtwissens oder Wissens weicht Webseiten wie Wikipedia. Das Netz bietet die reizvolle Möglichkeit, sein Image und seine Vorstellungen zu verbreiten und aufzubügeln, andererseits wird genau diese Möglichkeit inflatiös verwendet. Der „Hoppla, hier komm ich!“-Effekt wird vielleicht bemerkt, bleibt aber nicht in Erinnerung. Der Einzelne kann verloren gehen, die Persönlichkeit verflachen. „Der Tastendruck ersetzt den Händedruck, kraftlos und keimfrei“, so der bekannte Grafik-Designer und Typograph ironisch.

Weidemann appellierte in seinem Vortrag an die Anständigkeit, einen angemessen zwischenmenschlichen Umgang. Für den Aufbau von der Identität zum Image gab er unter anderem den Ratschlag, intuitiv, selbstsicher, gründlich, kompetent und glaubwürdig zu sein, vor allem wichtig sei aber die eigene Zufriedenheit. Nachhaltig wirke die Emotion stärker als die Rationalität, durch Menschlichkeit sei es dem Einzelnen möglich, sich selbst zu behaupten.„Sei einzigartig ohne als Einziger artig zu sein!“ Einzigartig ist und bleibt Weidemann sicherlich.

Text: Linda Horn, Foto: gerhardkassner.de

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