David Carson: Neue Wege

Der Sunny Boy from Southern California ist back!

© Gerhard Kassner

 

Zuerst – Stille, große Fragezeichen auf David Carsons Gesicht – die gute deutsche Technik scheint nicht zu funktionieren … »Nein, wir haben hier Computer made in California« – so ein Techniker, der sich alle Mühe gab, das Problem zu beheben. – »I need another beer!«

Mit etwas Unterhaltung unser netten Moderatorinnen wurde die Zeit mit Frage-Antwort-Spielen überbrückt … und mit dem gesamten Publikum ein Geburtstagsständchen gesungen für Moderatorin Simone, die sich sehr drüber freute.

Signs on the road

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Dann geht es los. David Carson zeigt, was ihn inspiriert. Während er im Auto sitzt oder durch die Straßen läuft, begegnen ihm Schilder –  absurd große Wertetafeln mit Leuchtschrift „Drive-through Liquor Store“ bis zu kleinen verwitterten Türen von Blechhäusern oder Klingelschilden. David zeigt uns Eindrücke aus der Ukraine, an Wänden aufgemalte Schilder, die ihn inspirieren. Aber auch Kuba – Kinder die auf einem Müllberg unverrottbarer Plastikflaschen und -teile spielen und ihn in ihren Bann ziehen. Selbst beim Autofahren hält er seine Kamera bereit und fängt Bilder ein, die für ihn eine Geschichte erzählen – riskiert dabei gefährliche Unfälle.

Dann ein Gegenbeispiel: Im Land der Warnhinweise findet Carson häufig Beispiele bürokratisch verordneter Schilder, die von Weitem gut lesbar sind, jedoch niemand liest.

»Legibility doesn’t guarantee communication.«

Kommunikation starte vor dem Lesen, wenn man sich angesprochen fühlt durch das Design des Plakats, etc. und animiert wird, neugierig die Botschaft drauf zu lesen.

Fast 20 Jahre nach »The End of Print« unterscheidet sich David Carsons Arbeit heute kaum vom Grunge-Stil von damals, erschwerter Lesbarkeit und collagierter Typografie, die ebenso populär war wie umstritten. Als Idol eines jeden Studienanfängers des Faches Grafik Design will man so sein wie er: alle typografischen Regeln brechen – die Pubertät des Designers. David Carson scheint hinsichtlich seiner Arbeitsmethode nicht erwachsen werden zu wollen, sich irgendwelche Regeln aufzwingen lassen oder gar Style Guides befolgen.

»Never snap to grids or use guide lines!«

Heute kommen neben Musik-Labels, Surfmagazinen und -festivals häufig große Auftraggeber auf ihn zu, die angezogen sind von der Coolness David Carsons Stils. Verstaubte, spießige Unternehmen möchten ihr Image auffrischen. Für Chrysler beispielsweise gestaltete David Carson massenhaft Entwürfe, nahm sich die Freiheit das Logo zu dekonstruieren – bis zur Unkenntlichkeit. Schwer für einen solchen Konzern zu akzeptieren. Unzählige Runden wurden gemacht, letztendlich keine Arbeit realisiert.

»Keep failing with Clients.«

Gestaltung ist für David Carson ein Prozess. David zeigt uns massenhaft Entwürfe als Video abgespielt zu funky Surfermusik. Für das National Theater machte er hunderte Entwürfe, alles »Richtungen«, nicht ausgearbeitet. Sie muten an wie Kunstwerke, grob in Photoshop illustrierte und collagierte Buchstaben. Der Auftraggeber entschied sich für eines davon, welches ohne ausgearbeitet worden zu sein umgesetzt wurde.

© Gerhard Kassner

Carsons Motto: Je mehr der Computer das Arbeiten bestimmt, desto subjektiver sollte man als Designer gestalten. Der Rechner sollte nicht die Entscheidungen übernehmen, sondern der Gestalter.

Im Fazit war der Talk von David Carson keine Überraschung, es scheint die Zeit Stil gestanden zu sein und die Arbeiten bekommen einen leichten Retro-Glanz – also: »Keep paddling!«

David Carson

David Carson

Graphic designer legend, typography rebel, surfer and art director of music magazine “Ray Gun”.

Text — Christine Wenning