Eike König: From Hort to Heart


© Gerhard Kassner

Eike König gründete 1994 sein Designbüro HORT in Frankfurt, damals noch unter dem Namen »Eikes grafischer Hort«. Mittlerweile ist sein international aufgestelltes Büro nach Berlin umgezogen.
Bei der Typo will Eike nicht nur über Passion, sondern auch das Zerstörerische daran sprechen. Aber zuerst erfahren wir noch, dass Eike großer David Carson Fan war – und sich wünscht die Balance zu finden, »wie Carson sie gefunden zu haben scheint«. Eike, der zwischen seinem 3. und 17. Lebensjahr Leistungsturner war, kennt auch die Disziplin und Leidensfähigkeit, die Leidenschaft oft begleiten, um ein Ziel zu erreichen. Mit dem HORT hat er einen Ort geschaffen, der einen geschützten Raum bietet für Leidenschaft. Hier herrscht kein Leistungsdruck, sondern ein kreativer Raum mit allen Möglichkeiten und großem Vertrauen. Er berichtet über die Zusammenarbeit im HORT, wie Ideen entstehen und macht klar: Das wichtigste für jegliche Kreativität ist furchtloses Ausprobieren, wachsen, sich zu hinterfragen. Gestaltung braucht Mut.

Mut und Leidenschaft gehören schon dazu, wenn man für den ersten internationalen Job, den Action-Sport Kanal EXPN von Walt Disney, in Kauf nimmt, bei Nichterfüllung des Vertrages 7 Mio. Dollar Strafe zahlen zu müssen. Durch das Publikum geht ein Raunen. Von vielen Arbeiten zeigt Eike König einen Kurzfilm, auf die neuesten Arbeiten des HORT geht er näher ein. So bekam der Rapper Sido vom HORT zum Beispiel eine neue Identität – die Maske kam ab – und das neue Album von Jazzanova ein Artwork. Die Gestaltung für Jazzanova baut auf Varianten des Logos, umgesetzt als 3D-Modell aus Fotokarton, auf. Spannend ist hier vor allem die Entwicklung dahin zu sehen. Eike zeigt alle Entwürfe und das Publikum leidet mit, als die Band sich nach mehreren Präsentationen eigentlich für ein Design entscheidet und begeister ist – bis einer meint: »Aber irgendwie erinnert mich das an etwas.« Der HORT macht weiter. Dass der nicht ruhen kann, bis ein Design rund ist, sieht man der Qualität der Arbeiten des HORT an.




© HORT

Eike König beendet seinen Vortrag mit einem Songtitel von Depeche Mode: »Get the balance right«. Sein Plädoyer für Mut könnte kein besseres Ende des 2. Typo-Tages sein.

Ralf Herrmann: Speed Reading

»Speed Reading – Über die Lesbarkeit von Schriften und Verkehrszeichen«, so der Titel des Vortrags von Ralf Herrmann, den die Meisten wahrscheinlich von dem typografie.info-Forum kennen. Der Web-, Grafik- und Typedesigner hat in Weimar an der Bauhaus-Universität studiert, schreibt heute gerne typografische Fachbücher und gibt das Typografie-Magazin TypoJournal heraus.

Leitsysteme sind eine der spannendsten Bereiche im Grafik Design, doch Verkehrsleitsysteme sind dabe meist außen vor, werden kaum beachtet. Schrift ist dabei nur ein Puzzleteil eines Leitsystems. Wie kam Ralf Herrmann überhaupt auf das Thema Verkehrszeichen? Alles begann vor vier Jahren bei einem Urlaub in Nordamerika, wo es einen Schriftwechsel (von FHWA E Modified auf Clearview Hwy) gab. Er hat sich gefragt, wie eine Schrift gestaltet sein muss, damit sie auf Schildern optimal lesbar ist und was Lesbarkeit selbst überhaupt ist. Lesbarkeit ist unter typografischen Gesichtspunkten die grafische Darstellung der Schrift, was eigentlich eine etwas schwammige Aussage ist; Generell heißt es: Gemischter Satz ist besser lesbar als Versalschreibweise, Serifenschriften sind besser lesbar als serifenlose Schriften. Nur, warum werden auf den Verkehrszeichen dann keine Schriften mit Serifen verwendet? Eine allumfassende Definition, was Lesbarkeit ist, gibt es nicht. Ralf Herrmann hat ein Zwiebelschichtenmodell entwickelt bei dem er in Buchstaben- und Textebene unterscheidet. Die Buchstabenebene, welche Lesbarkeit, Erkennbarkeit und Unterscheidbarkeit beinhaltet, kann zur Lesbarkeit von Schrift führen. Die Textebene hingegen bezieht sich auf die Lesefreundlichkeit und alles, was nicht direkt der Erkennbarkeit dient.
Der Wunsch nach Orientierung ist bei den Menschen tief verwurzelt, schon früh standen entlang der Wege Meilensteine. Diese haben nur gesagt, wo man sich befindet, nicht aber in welche Richtung es geht. Diese Auskunft geben Verkehrszeichen. In Deutschland schwört man seit den 30er Jahren auf den Einsatz der streng nach einem Raster aufgebauten DIN-Schriften. Was vielleicht nicht jeder weiß: Eigentlich kann jede Gemeinde selbst entscheiden, welche Schrift sie auf ihren Schilden verwendet (Beispiel: Bamberg). Auf polnischen Verkehrsschildern sind geometrische Schriften, also Schriften, die auf geometrische Grundformen heruntergebrochen werden können, zu finden. Ebenfalls in Schweden. Seit 10 bis fünfzehn Jahren ist beim Einsatz von Schriften bei Verkehrszeichen ein Wandel zu beobachten: Digitale Schriften (»Druckschriften«) werden vermehrt eingesetzt, wie etwa in Amerika. Das Licht der Scheinwerfer wird von retroflektierenden Formen zurück geworfen, um die Lesbarkeit zu optimieren. Ein weiteres interessantes Beispiel sind die Niederlanden mit ihren »fingerpost-Schildern«, die alle eine feste Größe haben, unabhängig vom Text. In Deutschland hängt die Größe der Schilder von der Textmenge ab. Zusammenfassend ist also zu beobachten, dass im 20. Jahrhundert vor allem geometrische und rasterbasierte Schriften auf Verkehrsschildern zu finden waren. In den letzten Jahren wird mehr und mehr das Prinzip der Druckschriften auf die Schilder gebracht. Was bleibt ist das Problem mit dem variablen Leseabstand. Ralf Herrmann, der selbst mit Wayfinding Sans Pro eine Schrift für Leitsysteme entwickelt hat, hat eine Software programmiert, die zeigt, wie die gut oder schlecht die Schrift bei welchem Abstand zu lesen ist.
Der Designer stellte eine interessante Studie vor, die besagt, dass wir die Teile eines Buchstabens lesen, die von anderen Buchstaben abweichen. Sprich: die Ober- und Unterlängen werden besonders wahrgenommen. Man könnte meinen, dass Schriften mit dicker Schriftstärke besser zu lesen sind. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ralf Herrmann baut seine Schrift Wayfinding aktuell weiter aus, im Moment gibt es nur eine Betaversion. Er freut sich über Kunden, die ein Leitsystem mit dieser Schrift gestalten möchten. Weitere Informationen als in dieser Vortragszusammenfassung können in der aktuellen Ausgabe des TypoJournals rund um »Wayfinding und Lesbarkeit« nachgelesen werden. Es ist am Bücherbogen, dem Bücherstand auf der Typo, erhältlich.

David Berman: How to make the planet your client.

With a spontaneous appearance, David Berman filled the empty slot at 1pm today at the stage. His talk was titled ‘How to make the planet your client’ and showed the crowd the good, the bad and the ugly that design and the world around us currently are.

David started his own quest for better design as a typographer when he suddenly asked himself:

“If the message I put out in the big world isn’t contributing to a better world, than why am I doing it?”

With the mass’ discovery of the fact that our ecosystem is dying (thanks to Al Gore amongst others) David’s prying question suddenly found an audience. Ever since that moment he has been talking on the topic of Sustainable Design thoughout the world.

In his passionate talk he confronted us with the ethical question that goes with the design profession.
And if that wasn’t enough, with one fell passionate swoop he attested that we, as a Design community, now (more than ever) have the responsibility and the power to make the world a better place to live.

So how does one make the planet your client? Through showing the crowd inspirational examples of actual ‘Sustainable Design’ projects, David illustrated that doing something ‘sustainable’ doesn’t have to be complicated and isn’t limited to creating solar energy solutions and windmills. He didn’t however, go as far as to actually show us how to do properly. (With the exception of doing the ‘do good pledge).

In short David Bermann’s presentation was a passionate wake-up call and an inspirational moment for many. Reminding us once again that living in harmony in our planet and environment is the only way for us to survive.

Uta und Thilo von Debschitz: Infiziert! Der Bildervirus des Dr. Fritz Kahn

Alles begann mit dem Bild „Der Mensch als Industriepalast“. Thilo von Debschitz entdeckte es in einem Magazin und war fasziniert davon. Zusammen mit seiner Schwester recherchierte er, von wem das Bild stammte und kam so auf Fritz Kahn. Die beiden horchten bei dem Namen auf, denn er und seine Schwester standen schon länger mit der Familie von Emanuel Kahn in New York in Verbindung. Es stellte sich heraus, dass Fritz Emanuels Vater war. Die Geschwister wollten mehr über diesen unbekannten Fritz Kahn erfahren und begannen ihre Recherche im Internet. Es kamen Schnipsel und Fragmente zusammen, weiteres Bildmaterial zu finden gestaltete sich allerdings nicht gerade als einfach. Aber Thilo und Uta von Debschitz waren infiziert. Die Idee zu einem Buch über Fritz Kahn war geboren.
Die beiden ließen sich nicht entmutigen, weder von Emanuel Kahn, der meinte, dass sich doch niemand mehr für diese Bilder interessieren würde, noch von ihrem Verlag, der ihnen nach einer ersten Zusage wegen der zu hohen Produktionskosten doch wieder eine Absage erteilte. Die Geschwister entschlossen sich, die Tausenden von Bilder aus den Büchern Kahns selbst zu scannen (rieten dem Publikum aber gleich, so etwas niemals selbst zu machen) und überzeugten den Verlag.
Die Bilderwelt des Fritz Kahn sind medizinische populärwissenschaftliche Bilder, die das Leben des Menschen zeigen. Die Illustrationen sollten den menschlichen Körper einer breiten Masse zugänglich machen. Typisch sind zum Beispiel die Körperlandschaften oder Reisen des Menschen durch den Körper.
Uta und Thilo von Debschitz haben diesen vielseitigen Arzt, der in Deutschland totgeschwiegen wurde, wieder aus der Vergessenheit geholt. Zu ihrem eindrucksvollen Buch organisierten sie auch eine Ausstellung in der Berliner Charité. Übrigens war Emanuel Kahns Skepsis schon während des Projektes gewichen – sprachlos vor Freude war er an seinem 85. Geburtstag, als Thilo von Debschitz als Überraschungsgast mit einer frisch gedruckten Ausgabe von „Fritz Kahn – Man Machine” unterm Arm ihn in New York besuchte.

Mehr über Fritz Kahn kann man hier erfahren.

Knut Maierhofer: Marken mit Haltung gestalten

Knut Maierhofer, Gründer und Geschäftsführer von KMS TEAM, einem der wohl bekanntesten Designbüros, wollte eigentlich gemeinsam mit seinem Kunden auf der Bühne in der Show auftreten. Da dieser aus Kranheitsgründen absagen musste, dauerte der Vortrag nur eine gute, kurzweilige halbe Stunde. Dies führte – natürlich neben dem starken, souveränen Auftritt und dem spannenden Thema – beim Publikum zu einem großen Applaus.

KMS TEAM empfindet Leidenschaft für gute Gestaltung. Design ist dabei das Werkzeug, das die Haltung ausdrückt. Um dies besser verstehen zu können, zeigt er einen kurzen Film zur Vorstellung seines Markenverständnisses: Jede Marke ist definiert durch Markenelemente wie beispielsweise Logo, Typografie, Produktdesign, Claim oder ein Vertriebskonzept. Diese Markenelemente werden miteinander verbunden. Durch den realen Kontakt mit der Marke – etwa im Shop, beim Betrachten der Visitenkarte, beim Besuch der Website oder im Unternehmensgebäude – entstehen dann sogenannte Markenerlebnisse, welche der Marke ihre unverwechselbare Gestalt geben. »Die äußere Form ist der Ausdruck der inneren Kraft eines Unternehmens«, fasst Maierhofer dern Kern kurz und prägnant zusammen.

Der KMS TEAM-Geschäftsführer sieht sein Unternehmen nicht mehr als Designbüro, sondern als Unternehmen für Markenstrategie, Markendesign und Markenkommunikation (mit Sitzen in NY und München). Als Arbeitsbeispiel hat er die Canyon-Fahrräder vorgestellt. 2004 hatte der Fahrradhersteller noch einen ganz anderen Auftritt und wurde als Marke nicht oder nur kaum wahrgenommen. Die Devise des Kunden war es zwar schon immer, beste Qualität zu fairen Preisen zu liefern, doch der Schriftzug wurde trotzdem oft von den Fahrrädern gekratzt, da ihre Besitzer keinen Bezug zu der Marke hatten. Damals lautete der Claim von Canyon: »Innovativ, besser, direkt«. So sah sich zumindest der Hersteller selbst. Nach der Herausarbeitung der Stärken fand KMS TEAM heraus, dass es primär um das reine, unvefälschte Fahrerlebnis geht (was eher an einen Auto-Werbespot erinnert) und mit dem Bezug zum Radfahren war mit »Pure Cycling« ein neuer Claim geboren.

Die Wortmarke von Canyon war früher rund und ist nun eckig, was viel besser zu den Canyons in Amerika oder Frankreich passt. Die Schrift wurde um 40 Grad nach links geneigt – analog des Fahrradrohr-Winkels – was einen enormen Kontrast zu den Logos der Mitbewerber darstellt. Zudem wurde auf Reduktion und Klarheit großen Wert gelegt; zwei Mittel, die dabei helfen, eine Marke klarer zu positionieren. Zu der Wortmarke entstanden noch eine Bildmarke, ein definierter Farbraum, eine eigene Bildsprache, ein Webauftritt, Anzeigen, ein 3D-Auftritt für die Eurobike sowie ein Headquarter mit eigenem Showroom. Bei der Haltung von Canyon geht es darum, wie man die Leidenschaft für Sport weitervermitteln kann. So werden speziell junge Fahrer untersützt, die von Erik Zabel betreut werden. Zabel erhielt diese Rolle trotz des Doping-Falls, da es um die Haltung dahinter geht, die Identifikation mit dem Sport.

Wettbewerbe gewann KMS TEAM natürlich einige mit der Marke Canyon, u.a. Silber beim Desingpreis der BRD 2009. Was vielleicht für den Kunden noch wertvoller ist, ist dass das Logo heute nicht mehr vom Rahmen »weggekratzt« wird und Canyon 2008 sogar zur beliebtesten Fahrradmarke in Deutschland gewählt wurde (Quelle: bike 9/2008). Eine bessere Wandlung kann eine Marke eigentlich nicht erfahren.

Diesen Vortrag habe ich mittlerweile bereits zum dritten Mal gehört. Als bekennender Fan von KMS TEAM und unter der diesmaligen Betrachtung von Leidenschaft machte mir dies gar nichts aus. Sport ist eine Leidenschaft, Design auch – zusammen ist das eine wunderbare Kombination.

Fons Hickmann

m23 in Utopia

Fons Hickmann mag die 23, das macht ihn sofort sympathisch. Sein Studio m23 besteht seit 10 Jahren, und 7 bis 10 Leute arbeiten an Projekten wie einer Schrift aus Pappkartons (im Augenblick am kursivhalbfetten Schnitt).

Wunderkind of Design strikes back

Zum Schluss gibt David Carson uns mit auf den Weg, Passion bedeute einen Job zu haben, den man zur Not auch Umsonst machen würde. Vorher haben wir erlebt, dass es gar nicht so einfach ist, innerhalb einer Powerpoint-Präsentation ein Videoslide ablaufen zu lassen. Und dass es fragwürdig ist, einen Supermarkt im Mittelwesten Kum and Go zu nennen. Oder dem Weihnachtsmann einen Socken mit Tarnmuster an den Kamin zu pinnen.

Page 4 of 6« First...23456