Christian Hanke: Leidenschaft darf auch mal gruselig sein

Christian Hanke, 28, Design Director bei Edenspiekermann, steht heute mit seinem Vortrag »Keine Kompromisse. Die Leidenschaft für den perfekten Espresso.« zum ersten Mal auf einer der Bühnen der TYPO Berlin.

Für sein Projekt Olympia Express gewann er letztes Jahr mehrere Preise, darunter »best of the best« beim red dot award. Als er dies am Ende des Vortrages erzählt, strahlt er übers ganze Gesicht; zu Recht, schließlich hatte er privat und daher fast ausschließlich nachts an der Neugestaltung der Schweizer Kultmarke gearbeitet, was »schon das eine oder andere Mal gruselig war«, zumal auch noch die Geburt seiner Tochter bevorstand. Allessio Leonardi, der sich schon gefreut hatte, einen Vortrag mit italienischem Kontext anzukündigen, kann dann aber »darüber hinweg sehen«, dass eine Espressomaschine nicht gezwungenermaßen italienischer Herkunft sein muss.

In einem youtube Video beobachten wir, wie ein amerikanisches Muskelpaket in weißem Trägerhemd mit ausgeprägter Hebelkraft eine Olympia bedient. Der feine Espresso tröpfelt langsam, als würde auch die Maschine schwitzen, »dieser Kraftakt, das ist doch mal Espresso-Leidenschaft, hossa!« In seiner charmanten Art führt Hanke durch die historischen Hochs und Tiefs des Unternehmens aus Chiasso. Fast 80 Jahre ist es her, dass Gründer Luigi Bresaola es leid ist, ständig die Kaffeemaschine seiner Frau zu reparieren, die ein Kaffeehaus betreibt. »Schatz, ich erfinde dir die perfekte Espressomaschine« – seitdem entwickelt der Tessiner Kaffeemaschinen anstatt Stahlarmaturen. Die edlen Maschinen finden auch in privaten Haushalten immer mehr Anklang. So wird etwa das Modell »Buby« in den frühen 60er Jahren zum Renner. Weg »vom Schweizer Geheimtipp« schafft die Marke Olympia 1967 mit dem Modell »Cremina« den internationalen Durchbruch. Aufgrund der Krise gerät das Unternehmen in den 90ern in die »doch recht hemdsärmelige Führung« eines Ingenieurs, und die Produktion der Maschinen dümpelt vor sich hin. Bevor die Rettung in Form eines Bankers aus Frankfurt kommt, »ist schon sehr viel Erde verbrannt« und die Firma am Boden, »aber die Marke ist eben noch da«.

Heinrich Linz, der eigentlich nur eine Olympia für seinen Sohn besorgen will, kauft schlussendlich die Firma und wagt 2007 in Mendrisio den Neustart. Die Zeiten haben sich geändert, der Markt ist mittlerweile überflutet von Espressomaschinen. Olympia ist immer noch ein exklusives Produkt, nur 1000 Stück sollen deshalb jedes Jahr auf den Markt kommen. Schließlich wird jede Maschine immer noch liebevoll von Hand zusammengeschraubt, was in der Schweiz alles etwas langsamer passiert. Das merkt auch Christian Hanke, der den gesamten Designprozess verantwortet: »Jede Entscheidung wurde abermals durchdiskutiert und abgewägt«. Der kleine Kellner bleibt als Markenzeichen erhalten. Ansonsten wird die Marke komplett modernisiert, die einzelnen Elemente wirken aufgeräumt und unterstreichen die Exklusivität der Espressomaschine. Am meisten freut sich Christian Hanke über das »Besitzerbuch«, das keineswegs nur eine technische Anleitung ist, sondern auch narrative Elemente enthält wie etwa die Geschichte von Olympia sowie Rezepte und zahlreiche Illustrationen und Erklärungen dazu, wie ein perfekter Espresso auszusehen hat.
So ein Besitzerhandbuch hat er jetzt auch bei sich zuhause. Und natürlich eine Olympia. Um die Leidenschaft für den perfekten Espresso jeden Morgen von Neuem zu erwecken. Ohne Kompromisse.

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Christian Hanke

Christian Hanke is a Creative Director and Partner of Edenspiekermann’s Berlin office. He has built a reputation in the fields of media and brand  experiences, innovating products and teams. His clients ranges from media outlets like The Economist, Zeit Online, NZZ and ProSiebenSat.1 to global brands like Mercedes, Red Bull and their Red Bull Media House. He has won several funding from Google’s DNI Innovation program. Christian also regularly talks, writes, and teaches on how to bring innovation to brand and product teams.