„Ich könnte mich auf Partys stundenlang über Icons unterhalten.“ Wenn jemand so über seine Arbeit spricht, wird schnell klar, dass es sich nicht nur um einen Beruf, sondern um eine Berufung, eine Leidenschaft handelt. Bettina Reinemann, die ihre Design-Karriere als Verpackungsdesignerin begann, dann als freie Illustratorin arbeitete und schließlich als Icon-Designerin bei Adobe ihren Platz fand, hatte schon als Kind eine Vorliebe für Basteln und liebt es immer noch, mit den Händen zu arbeiten. In ihrer Anfangszeit als Designerin stürzte sie sich dementsprechend auch nicht auf den Computer, sondern blieb zunächst beim puren Handwerk.
Aber die technische Entwicklung lässt sich nun mal nicht aufhalten, Computer sind bei der Designarbeit nicht mehr wegzudenken und auch sie entwickeln sich rasant weiter. Dieser Fortschritt schlägt sich wiederum auf die Entwicklung digitaler Icons nieder. Unterschiedliche technische Anforderungen, Auflösungen, Displays, helle und dunkle Hintergründe, auf all diese Anforderungen muss eingegangen werden, jede neue Entwicklung muss bei einer Überarbeitung berücksichtigt werden.
Aber das ist noch nicht alles, es stellt sich auch die Frage: Wieviel Überarbeitung braucht ein bekanntes Icon? Und wieviel verträgt es? Ist es dabei wichtig, eine gelernte Optik beizubehalten oder ist es vielleicht sogar nötig, einer Funktion ein neues Gesicht zu geben, wenn neue Technik eine alte ablöst und darum die Darstellung unverständlich macht?
Bettina Reinemann erläutert die Problematik anhand des Icons für „Speichern“: Da die Speichermedien sich im Lauf der Jahre verändert haben und mit Sicherheit in Zukunft auch nicht so schnell damit aufhören werden, stirbt das Bild einer Diskette oder auch einer CD langsam aus. Der User ist aber an diese Darstellung für „Speichern“ gewöhnt.
Bettina Reinemann
Illustrator, Icon Designer (Hamburg)
Konserviert man also das bekannte Icon und löst es damit von dem ursprünglichen Objekt, das einmal Pate dafür gestanden hat? Oder passt man die Iconentwicklung der technischen Entwicklung der Speichermedien an?
Keine leichte Entscheidung, denn das Icon muss ja für die verschiedenen Größendarstellungen, den hellen und dunklen Hintergrund und auch für Mobilanwendungen optimiert werden. Es reicht nicht, die Größen entsprechend zu skalieren oder die Negativdarstellung einzubauen, die Wirkung kann dann eine ganz andere sein und der ursprüngliche Charakter verwässert werden.
Das letzte Wort hat in jedem Fall der User, denn wenn das User-Feedback lautet, dass man sich vom frisch überarbeiteten Photoshop-Auge angestarrt fühlt, dann wird die nächste Überarbeitung fällig.
Icons für Schilder haben diese Problematik nicht, sie haben andere Tücken: In den verschiedenen Kulturen gibt es unterschiedliche Bildsprachen, selbst einfache Zeichen können in international unterschiedlich besetzt sein. Bettina Reinemann bringt das Häkchen, was bei uns „Ja“ bedeutet, als Beispiel. In Japan ist ein Kreis das Symbol für Zustimmung, „unser“ Häkchen wird nicht verstanden. Oft werden solche Unterschiede erst deutlich, wenn ein fertiges Icon nicht funktioniert wie erwartet.
Der Fortschritt macht übrigens auch bei Icons auf Schildern nicht halt: Hier geht es allerdings nicht unbedingt um technische Neuerungen, auch Modefragen haben Einfluss auf das Icondesign: Da der Durchschnittsmann inzwischen ohne Hut aus dem Haus geht, werden nach und nach die Schilder mit dem behüteten Herrn, der den Zebrastreifen überquert, aus dem Straßenbild verschwinden und Platz machen für einen zeitgemäßeren, barhäuptigen Herrn.
JR