Nick Shinn – Eine kurze Geschichte der Perspektive

Innerhalb einer Stunde unternahm der Typedesigner Nick Shinn zusammen eine Zeitreise durch 2000 Jahre Kunstgeschichte. Oder besser eine Reise durch verlorenes und wiedergewonnenes Wissen. Denn vieles, was in der Renaissance wieder auftauchte, war in der Antike bereits bekannt. Ein deutscher Kunsthistoriker und Ikonologe des letzten Jahrhunderts, Erwin Panofsky, gab eine treffende Zusammenfassung dessen, was in der Darstellung von Perspektive gelesen werden kann: im Ergründen der Perspektive eines Jahrhunderts, ergründet man auch dessen Geschichte.

Anhand von bekannten Bildbeispielen, beginnend im 2. Jahrhundert bis in das 18 Jahrhundert hinein, machte Shinn deutlich, wie die räumliche Darstellung im eindimensionalen Bild langsam erarbeitet wurde. Von der flachen eindimensionalen Darstellung über die Arbeit mit dem zentralen Fluchtpunkt im Bild bis hin zur 1- bis 5-Punkt-Perspektive. Um 1800 kam laut Nick Shinn es sogar zu einer regelrechten “Perspective Pornogrpahie”. Man erging sich in der perspektivischen Darstellung, konstruierte Gebäude-Ensembles und Innenräume, die keiner statischen Berechnung standhalten würden, nur um das handwerkliche Können im perspektivischen Zeichnen zu präsentieren. Zum Ende ging Shinn auch auf die räumliche Konstruktion im heutigen Virtual Space ein. Er beendete seinen Vortrag aber nicht mit einem Blick auf die Gegenwart, sondern zeigte ein 150 Jahre altes Diorama von Warschau, das eine makellose Perspektive auf eine Stadt erlaubt, die nach dem Zweiten Weltkrieg so nicht mehr existiert.