Oded Ezer – Schrift, Bild, Fantasie

Der Vortrag des israelischen Kommunikationsdesigners Oded Ezer versprach eher ernsthaft zu werden. Ezer berichtete in der gut gefüllten TYPOhall zunächst relativ unbeschwingt über Werk und Werdegang. In seinem nüchternem Vortragsstil schien der Schwermut seiner konfliktgeladenen Heimat durchzuklingen. Von eben dieser sieht er sich auch am stärksten beeinflusst. Sein typographisches Werk konzentriert sich auf das hebräische Alphabet. Er sieht sich aber auch durch das arabische Umfeld Israels, insbesondere von der arabischen Kalligraphie beeinflusst.


Die Mischung aus Nüchternheit, subtilem Humor und Selbstironie brachte Spannung in den Vortrag.

Ezer hat ein ganz eigenes Verhältnis zur Typographie. Kennzeichen ist die Kombination der Schrift mit Formen aus schriftfremden Lebensbereichen, aber auch die Behandlung von Buchstaben als Lebewesen.
Unter anderem hat Ezer die Formen von Alltagsgegenständen wie Gabeln und Rollstühlen in einem klassischen hebräischen Alphabet verbaut und damit sein „Tybrid“ geschaffen. Der gleichen Idee folgend entstand auch seine dreidimensionale „Biotypographie“ – die Verbindung von Buchstaben mit Insekten – und auch Blutegeln. Ezer hat einen ganzen Buchstabenzoo geschaffen. Für Unterhaltung sorgte auch Ezers Vorstellung seines „Typospermas“ – der Entwurf eines dreidimensionalen Alphabets in Spermienform.

Ezer findet Schrift erotisch, und behandelt Buchstaben mitunter als Lebewesen. Mit seinen „Tortured Letters“ hat er Buchstaben mit Fäden malträtiert – aufgehängt, abgeschnürt und auseinander gezogen.

Natürlich hat Ezer in diesem (Un)Sinne auch die Anatomie der Buchstaben untersucht: Eindrucksvoll waren die Zeichnungen „enthäuteter“ Buchstaben mit freigelegten Muskelpartien. Nach den Malträtierungen hat er seine Buchstaben selbstverständlich verarztet und mit Bandagen versehen. Soviel Fürsorge sorgte in der TYPOHall für Stimmung und Zustimmung.

Eine der wichtigsten Lehren, die Ezer aus seiner Laufbahn zieht und auch versucht seinen Studenten zu vermitteln ist es, Ideen nie aufzugeben. „Irgendwann wird sie schon irgendjemandem gefallen“. – In der Tat!
Obwohl Ezer stark durch seine Heimat geprägt ist, ist seine Kunst global. Vor allem ist sie aus dem Leben gegriffen – fast organisch – und lebendig.

Text: Zehra Wellmann, Foto: gerhardkassner.de