Geliebt und gehasst, gehasst und geliebt – wohl keine andere europäische Nation hat ein ähnlich gespaltenes Verhältnis zu ihrer Hauptstadt wie die französische. Von Paris geht alles aus, alles kommt hier zusammen. Die Stadt bildet das unumstrittene Gravitationszentrum des Landes – omnipotent und omnipräsent. Alle Macht geht von ihr aus: in Politik, Wirtschaft, Kultur. Kaum einer kann sich ihrem großmäuligen Charme entziehen.
Aber das ist auch Paris: Kurz nach Mitternacht fährt die letzte Metro. Wer draußen lebt, am Rand der Stadt, am Rand der Gesellschaft, wie so viele Migranten aus den einstigen Kolonien, muss sehen, wo er bleibt. Migration wird von manchem Patrioten nicht als kulturelle Bereicherung empfunden, sondern als Belastung. Gleichzeitig hat sich über die Jahrzehnte eine multikulturelle Gesellschaft etabliert, die in scharfem Kontrast zur alteingesessenen Bourgeoisie des 16ten Arrondissements steht. Der Anschlag des 7. Januars 2015 auf Charlie Hebdo haben alle erschüttert und wach gerüttelt.
Auch die Designszene ist geteilt. Es gibt Gestalter von und für Kultur. Und es gibt Werber. Niemals beides! Was beide Lager eint: ein virtuoser Umgang mit den offen liegenden Wunden und Widersprüchen einer sich rapide verändernden Gesellschaft; Geist und Humor als subversives Handwerkszeug.
1925, während der großen internationalen Kunstgewerbeausstellung, hieß die französische Antwort auf das sehr deutsche Bauhaus Art-Déco (wörtlich übersetzt „verzierende Künste“). Im Überflüssigen sah man das Notwendige. «Le superflu, chose très nécessaire». Und heute? Welche Positionen vertreten Künstler, Designer, Fotografen, Illustratoren …?