Neues, Bewährtes & Geheimtipps – Einblicke in die TYPO 2018

Jürgen Siebert, Marketingchef von Monotype Deutschland und Mitgründer der TYPO Berlin, war trotz Vorbereitungsstress zu einem kurzen Plausch bereit. Er gibt Einblicke hinter die Kulissen der TYPO 2018 und hat einige Geheimtipps und Info’s für alle Besucher.

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von Jenny Zegenhagen

 

 

Jedes Jahr gibt es ein neues Thema für die Konferenz – nach welchen Kriterien oder Trends wählt ihr die Themen und dann natürlich die entsprechenden Sprecher aus?

Das Thema für eine TYPO wählen wir im Team aus, rund zehn Monate vor dem Event. Wir werfen dann jede Menge Buzzwords auf den Konferenztisch, machen erst eine Negativ-Auswahl und dann eine Shortlist. Am Ende gewinnt das Motto, das unsere eigene Phantasie am meisten anregt und uns neugierig macht.

Mit der Auswahl der Sprecher hat das Motto eher wenig zu tun. Vielmehr liefert es den Referenten eine Perspektive, eine Art Brille, durch die sie ihr Lieblingsthema, über das sie gerne sprechen, mit andere Augen sehen und einen unerwarteten Anstoß für einen TYPO-Vortrag bekommen.

 

Wie kam es zum Thema „Trigger“?
Manchmal denken wir sehr analytisch, bisweilen technisch. Und da fiel immer schon mal das Wort „triggern“ … im Sinne von Steuern oder Synchronisieren. Damit brachte es der Begriff unter die Top-Five. Und als wir uns die Wörter so anschauten, als erfahrene Typografinnen und Typografen, dachten wir irgendwann: Das versale T, ein kleines i, zwei kleine g … damit lässt sich sicherlich ein schönes Logo bauen. Und tatsächlich – 4 Wochen später kam unsere Agentur Ad-hoc zur Präsentation mit einem Koffer voller gespiegelter Buchstaben und rotierender Glyphen. Volltreffer!

 

Die Vorträge und Sprecher sind divers und kommen aus der deutschen, aber auch der internationalen Gestalter-Szene. Ist es schwer, die Balance zu finden, um einen guten Mix von Sprecherinnen und Sprechern zu haben?
Sagen wir mal so: Es ist anstrengend, und dauert seine Zeit. Aber es ist nicht unmöglich. Und wir nehmen uns seit Jahren ziemlich viel Zeit für das Finden von Referenten. Ich denke, in diesem Jahr ist der Mix ausgesprochen gelungen.

 

„Erstbesucher der TYPO sollten unseren Farbcode im Programm nutzen: Blau für Branding, Gelb für Inspiration, Grün für Know-How und Rot für Typografie. Wiederholungstäter folgen einfach ihrem Instinkt.“

Welche Neuheit in der Schriftgestaltung oder im Design hat dich in den letzten Jahren überrascht oder beeinflusst?
Ganz klar das neue Schriftformat OpenType 1.8, auch unter der Bezeichnung „Variable Font“ bekannt. Dazu gibt es zwar noch nicht viel zu sehen, weil die Technologie erst vor rund 18 Monaten verabschiedet wurde, aber hinter den Kulissen rauchen schon die Köpfe! Wir wissen das etwas genauer, weil wir seit zwei Jahren die Font-Technologie-Konferenz TYPO Labs in Berlin durchführen – rund sechs Wochen vor der TYPO.

In diesem Jahr bestätigte sich endgültig: Das neue Font-Format ist derart flexibel und mächtig, dass es allen digitalen Herausforderungen gewachsen sein wird, sei es auf dem Gebiet AR/VR, im Automotiv-Bereich, im Web oder wenn es um sensor-gesteuerte Typografie auf Mobilgeräten geht. Wie gesagt: Zu sehen gibt es noch nichts, aber bald geht es los. Anlässlich der TYPO wird zum Beispiel ein erster variabler Demo-Font ins Netz gestellt, FF Meta Variable. Hier kann man sie laden, und hier testen: https://codepen.io/jpamental/pen/MGEPEL

 

Die Premiere der Brand Talks im letzten Jahr zeigte: Das Thema Branding und Marken ist prominenter als je zuvor – woran mag das liegen?
Letztes Jahr haben wir zum ersten mal die Brand Talks durchgeführt, im kleineren Saal des Hauses, weil wir uns nicht sicher waren, wie die traditionellen TYPO-Besucher auf diese neue Programmschiene reagieren würden. Oft ging es ja bei der TYPO um die schönen Produkte der Designwelt: Bücher, Plakate, Zeitungen, Zeitschriften – und immer wieder um Aufträge aus dem Bereich Kultur.

Wir alle wissen aber auch, dass ein Designstudio nicht alleine von den schönen Dingen leben kann, denn bei Verlagen, Museen, Theatern und Festivals sind zwar die Freiheitsgrade für’s Gestalten endlos, aber nur selten die Budgets. Da aber auch unsere Besucher von ihrer Arbeit leben möchten, haben wir uns im letzten Jahr erstmals intensiv um einen Bereich gekümmert, der gutes Design schätzt und ordentlich honoriert: Marketing. Und das kam nicht nur bei den Besuchern sehr gut an, sondern auch bei potentiellen Vortragenden. Das alleine ist der Grund, warum wir in diesem Jahr ein solch erstklassiges Line-up bieten können, mit Top-Agenturen und weltberühmten Marken.

 

Wie kann der TYPO-Erstbesucher die Konferenz am effektivsten genießen – und wie jemand, der schon einmal dabei war?
Erstbesucher sollten unseren Farbcode im Programm nutzen: Blau für Branding, Gelb für Inspiration, Grün für Know-How und Rot für Typografie. Wiederholungstäter folgen einfach ihrem Instinkt.

 

© Norman Posselt / Monotype

© Norman Posselt / Monotype

 

Was sind dieses Jahr für dich die großen Highlights im Programm, und was ist eventuell ein Geheimtipp?
Der Geheimtipp zuerst: Die Talent Talks, ein ganz neuer Track. Hier bringen wir erstmals eine Riege junger, internationaler Designstudios auf die Bühne, deren frische und visionäre Ideen nicht im stillen Kämmerlein entstehen, sondern in Coworking-Spaces, bei Hackathons, Barcamps oder über Kollaboration im digitalen Raum. Sie gehen mit gutem Beispiel voran und wir geben ihnen dazu die Bühne, die sie verdienen. Talent Talks wurde konzipiert von der kalifornischen Design-Professorin Kali Nikitas. Sie ist Kuratorin und Moderatorin des 4-stündigen Events. Kali leitet das MFA Graphic Design Programms am Otis College of Art and Design in Los Angeles.

 

Welche ist deine Lieblingsschrift – beruflich und privat?
Beruflich habe ich keine große Auswahl: Mails in Calibri, Code in Consolas und Monotype-Drucksachen in unserer Hausschrift Kootenay. Für private Drucksachen verwende ich FF Real von Erik Spiekermann. Rechnungen und Manuskripte schreibe ich mit der neuen FF Attribute von Victor Nübel. Meine Moderationskarten habe ich übrigens in FF Parable gesetzt, eigentlich eine Schrift für Kleingedrucktes, entworfen von Christopher Burke. Auf meinen Karten (A5 quer) setze ich sie zweispaltig, in 13 Punkt ein – also rund doppelt so groß wie gedacht, was auf der Bühne und mit langem Arm wunderbar funktioniert.

Jürgen Siebert

Jürgen Siebert

Marketing Director / Monotype (Berlin)

Born in 1954, Siebert studied physics in Frankfurt. After receiving his degree in 1985, he worked as a science journalist, wrote his first book and moved from Frankfurt to Hamburg. There he co-founded the graphics magazine PAGE in 1986, and ran it as editor-in-chief until 1991, when he moved to Berlin. In Berlin, Siebert initially worked for two years for FSI FontShop International, where he published the first FontFonts, FUSE and the FontBook. In 1993, he took over marketing for FontShop Deutschland and in 1996, organised the first TYPO design conference; he started the Fontblog in 2004, and then in 2011, Creative Morning Berlin, as well as the TYPO offshoots in London and San Francisco. TYPO Days followed a year later. Since the autumn of 2014, he has been responsible for the German-language marketing for Monotype GmbH and initiated TYPO Labs and Brand Days.