Peter Biľak – The best thing about Design

Was macht Peter Biľak, wenn er keine Buchstaben zeichnet? Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Zum insgesamt vierten Mal spricht der Schriftgestalter auf der TYPO Berlin und bietet uns einen Querschnitt dessen, was ihn beschäftigt.

Von Stefan Pabst

Foto: © Norman Posselt, Monotype

 

»I remember this feeling when I was an art student and every day I was learning something new. Every day I started from zero. And I was forced to become a temporally expert in something I’ve never heard of.«

Peter Biľak ist in erster Linie Schriftgestalter. Außerdem lehrt er an der KABK in Den Haag. Dem Thema Schrift widmet er in seinem Talk am Eröffnungstag in der Hall allerdings nur einen einzigen Slide und genau 60 Sekunden seiner Zeit. Die restlichen 40 Minuten geht es um zeitgenössischen Tanz, das Königreich Bhutan, um Fliesen aus Mallorca, um die älteste noch leuchtende Glühbirne der Welt und so ganz nebenbei um die Frage »Was ist gutes Design?«.

Ganz schön viel Stoff für so kurze Zeit. Aber das sind nunmal die Dinge, mit denen sich Peter Biľak auseinander setzt. Ob das Buchstaben, Fliesen oder Königreiche sind, ist dabei unerheblich. Ob er etwas kann oder nicht, spielt für ihn erstmal keine Rolle. Man kann ja schließlich alles lernen und es sich irgendwie aneignen.

 

Unbekanntes Terrain

Es ist die Erinnerung an das Gefühl der Neugierde als Student, das ihn nach wie vor bei seiner Arbeit antreibt. Die Erinnerung daran, jeden Tag etwas Neues zu entdecken und in kurzer Zeit zu einer Art Experte auf einem speziellen Gebiet zu werden.

Biľak hat sich vorgenommen, neben der klassischen Arbeit als Schriftgestalter mindestens 50 Prozent seiner Zeit mit Dingen zuzubringen, die ihm neu sind.

»From the day I started my studio in 2001 it was my ambition to do things I’ve never done before. To get paid for things I’ve never done before. Wich is very difficult.«

Mit zeitgenössischem Tanz zum Beispiel. Beziehungsweise wie er sich mithilfe von Licht oder Video in Szene setzen lässt.
Oder mit dem Königreich Bhutan. Ein kleiner, isolierter Staat zwischen Indien und China. Eines der »most designed countries in the world.« Es ist nicht so sehr das sichtbare Design, das das Land prägt – wie in den Niederlanden etwa. Es ist das unsichtbare: Sprache, Werte, Identität, Tradition.
Auch nicht uninteressant: Mallorquinische Fliesen. Farbenfrohe und langlebige Protagonisten einer Jahrhunderte alten Tradition, die – wie Peter Biľak zeigt – auch zeitgenössisch und monochrom interpretiert werden können.
Und was hat es mit der ältesten Glühbirne der Welt auf sich? Die hängt in einer Feuerwache nahe San Francisco und leuchtet seit 117 Jahren nahezu ununterbrochen. »What a design!«, freut sich Biľak. 

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Foto: © Gerhard Kassner, Monotype

Biľak ist ein klassischer Tausendsassa. Auch bekannt als »Hansdampf in allen Gassen«. Oder »Generalist«. »Jack of all trades« im Englischen. Auf Lateinisch »Johannes factotum«. Ich als Österreicher würde ihn »Gschaftlhuber« nennen. Aber selbstverständlich ohne die negative Konnotation, die diesen Begriffen gern umgehängt wird.»Good design is design that all involved parties benefit from.«

»Good design is design that all involved parties benefit from.« 

Aber warum eigentlich? Vielleicht ist es Missgunst. Neid gegenüber denjenigen, die mehr als nur eine Sache können? Oder aber gar nicht können, sondern einfach machen. Das Können kommt dann schon irgendwann.

Peter Biľaks Talk kann als Plädoyer für das Ausprobieren gelesen werde. Für das Sich-Versuchen, in unbekannten Dingen und neuen Bereichen. Für das Einfach-mal-Machen-wenn-es-dich-interessiert.

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Peter Biľak

Type Designer, Designer (The Hague)

Peter Biľak works in the field of editorial, graphic, and type design and teaches at the Royal Academy of Arts in The Hague. He is running Typotheque, the first foundry to bring webfonts to the market. Recently he started »Works That Work«, magazine of unexpected creativity that rethinks publishing practices. Photo: Mano Strauch