Der wildeste unter Deutschlands Bildkünstlern [update]

Daniel Josefsohn war einer der wichtigsten deutschen Fotografen. In den vergangenen Jah­ren hat der wildeste unter Deutschlands Bildkünstlern die Gratwanderung zwischen Provokation und Humor, zwischen ironischer Setzung und politischer Anstiftung austariert, um unbequem zu sein und zugleich dafür geliebt zu werden.

Daniel Josefsohn verstarb am 13. August 2016.

Mit Bestürzung erfuhren wir, dass Daniel Josefsohn im Alter von nur 54 Jahren verstorben ist. Bereits im vergangenen Jahr musste er unsere Einladung auf der TYPO zu sprechen absagen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.

Abbildung aus: Daniel Josefsohn "Fuck yes", DISTANZ Verlag, Foto © Daniel Josefsohn, Courtesy DISTANZ Verlag, Berlin

Abbildung aus: Daniel Josefsohn “Fuck yes”, DISTANZ Verlag, Foto © Daniel Josefsohn, Courtesy DISTANZ Verlag, Berlin

Seine Fotografien entziehen sich gängigen Sehgewohnheiten und be­wegen sich scheinbar schwerelos zwischen Kunst und Kommerz. Nach der legendären Miststück-Kampagne für MTV in den 1990er-Jahren ar­beitete Josefsohn für zahlreiche Magazine und prägt seit 2011 mit seinen Arbeiten das Bild der Volksbühne Berlin.

 

Beitrag ARD/titel thesen temperamente, Januar 2015

Als Daniel Josefsohn im November 2012 einen Schlaganfall erlitt, geriet sein Leben aus den Fugen. Ein Jahr später erhielt er das Angebot des ZEITmagazins, seinen Kampf ein Jahr lang zu dokumentieren. Es entstand ein gewagtes Selbstbeobachtungs-Projekt, das den eigenen Stillstand nicht hinnehmen will. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Karin Müller, die seine Äußerungen in Worte fasst, begab er sich in das schonungslose Karussell der Selbstreflektion. Seine Fotos wurden dabei von tagebuchartigen Notizen begleitet, Episoden des aktuellen, eingeschränkten Lebens, “kleine Splitter der Zeit” (Arte), die sich mit den vergangenen Geschichten eines freien, libertinen Lebensstils zu einem leidenschaftlichen Panoptikum zusammensetzen. Am Leben, so der Titel der ZEITmagazin-Kolumne, feierte das Überleben mit den Mitteln des Humors, der Hingabe und der absoluten Liebe zum Leben.

 

Distanz_Daniel_Josefsohn_Cover

Im November 2014 wurden Daniel Josefsohn und Karin Müller für diese Arbeit von der Lead Academy in der Kategorie Reportage mit Gold ausgezeichnet. Unter dem neuen Titel FUCK YES werden nun in einem Buch zum ersten Mal alle Kolumnen-Beiträge in deutscher und englischer Sprache versammelt. Es wird ergänzt durch ein Vorwort von Christoph Amend, Chefredakteur des ZEITmagazins, sowie einem Interview-Beitrag des Publizisten und Kulturtheoretikers Holm Friebe.

Auf der TYPO Berlin 2015 sollte Amend mit Josefsohn darüber diskutieren, was es bedeutet, wenn ein Leben auf der Überholspur plötzlich eine Vollbremsung erzwingt, und über primäre und sekundäre Krankheitsgewinne sowie Nahtod-Erfahrungen in der Fotografie. Er musste aus gesundheitlichen Gründen absagen.

Kolumne von Daniel Josefsohn auf art online

– Daniel Josefsohn im Gespräch mit Mike Meiré für Interview

Text: TYPO Berlin, Hatje Cantz, Distanz

 

Daniel Josefsohn

Daniel Josefsohn

Photographer (Berlin)

Photographer Daniel Josefsohn lives in Berlin. His photos have been attracting attention since the 1990s, for instance his legendary slacker campaign for German MTV, “Miststück”. Since then his photographs have left their mark on the exterior image of Berlin’s Volksbühne theatre, where he was creative director in 2011 – 2012. Josefsohn suffered a stroke in November 2012. Throughout the course of 2014, he and his girlfriend wrote regularly in Zeit magazine about his life before and after the stroke. The couple’s series “Am Leben” was awarded the German LeadAward for best photo reportage.