Als langjähriger Professor an der HTWG Konstanz für Corporate Identity und Corporate Design, sei diese Frage mit der Existenzgrundlage des Nachwuchses, zu beantworten. Hier ein wohlmögliches Ende des Designs zu postulieren, wie er sagt, fände er im Rahmen einer Designkonferenz fragwürdig. Darauf spielt auch der bewusst konträre Titel seines Talks an.
Goodbye design?
Die Sex Pistols (Sid Vicious) schallen durch den Saal. „And now. The end is near.“ und „No future“ singen sie – Textpassagen aus den Songs „My Way“ und „God Saves The Queen“. So tragisch würde das Rädeker nicht sehen und zitiert Hermann Hesse mit „Jedem Ende wohnt ein Anfang inne.“ Er spende nun für alle im Raum 45 Minuten Trost. Es folgen viele Fakten, Zahlen und Weisheiten. Insbesondere stellt er sieben Punkte in den Vordergrund, die dem Design das vorzeitige Ende weihen, aber zugleich mögliche Anfänge offerieren.
Siebenmal Ende, siebenmal Anfang
1. Ende des Autorendesigns – Beginn der Co-Creation
2. Ende der Ästhetik – Beginn des Denkens
3. Ende der Funktion – Beginn der Haltung
4. Ende des Analogen – Beginn des Sensitiven
5. Ende des Unwissens – Beginn des Entdeckens
6. Ende der Marke – Beginn der Transformation
7. Ende vom Ende – Beginn des Unvollendeten
Hello digital future!
In der digitalen Welt ist aktuell ein sogenanntes Buzzword-Alphabet, bestehend aus A wie Algorithmen, B wie Big Data und C wie Code, zu vermerken, dass den zukünftigen Markenerfolg maßgeblich bestimmt. Schlaue Formeln wissen, was wir morgen essen. Unternehmen richten ihre komplette Strategie nach Big Data aus. Als Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Top-Ten-Designagentur Strichpunkt weiß er, wovon er spricht. Rein alphabetisch gesehen, liegt diesem Neuzeit-ABC zugrunde, dass sich das D wie Design, nur auf den misslichen vierten Platz befindet, doch hat es in diesem Kontext eine viel bedeutendere Stellung. Bei all den Suchmaschinenoptimierungen und Page-Rankings sollte Design Algorithmen mit Ideen besiegen, Big Data sichtbar machen und Code mit Content befüllen.
Always beta
Durch die Digitalisierung, künstliche Intelligenz und der unaufhörlichen Überproduktion an Daten entstehen neue, überraschende Designprojekte. Im Markenprozess wird zunehmend medienneutral gearbeitet. Das heißt, dass beispielsweise ein Logo mit einem im Manual festgelegten 13 mm Randabstand der Vergangenheit angehört. Es muss beständig sein und auf diversen mobilen Endgeräten, auf Printprodukten oder gar unbekannten, zukünftigen Medien funktionieren. Zudem richtet sich die Aufmerksamkeit nun auch auf die Qualität des Prozesses. „Always beta.“, bezeichnet Rädeker diese neue Anschauung. „Mit einem Produkt, das nie fertig wird, habe ich die Möglichkeit, es morgen besser zu machen.“ Wenn Designer offen durch die Welt gehen und sich ihre Haltung bewahren, bieten sich neue Chancen und – wie vermutet – kein Ende.
Written by Lisa Schmidt •