Seinen Arbeitstag beschreibt der Illustrator als einen, der ähnlich zu anderen Berufen abläuft. Als Familienvater steht er morgens auch früh auf, bereitet Frühstück, macht die Kinder für den Tag fertig, bevor er sich dann an seinen Schreibtisch setzt und zu arbeiten beginnt.
Seine Arbeitsweise illustriert er mit einer Vielzahl Bildern: Wir sehen eine Skala – den „Abstract-o-meter“, auf dem man ablesen kann, wie das Publikum tickt. Zu realistische oder zu abstrakte Darstellungen bezeichnet er als das größte zu überwindende Problem bei der Arbeit. Das Publikum muss das Thema sofort verstehen, d.h. man muss das Wissen des Betrachters im Gestaltungsprozess beachten. Dabei spielt die Aktualität des Themas eine wichtige Rolle: Etwas, von dem man heute voraussetzt, dass es vom Publikum verstanden wird, wäre vor 20 Jahren noch nicht verstanden worden und wird in einigen Jahren möglicherweise schon nicht mehr funktionieren. Als außerordentlich nützlich preist er das Diskutieren mit den Auftraggebern. Dies gibt ein besseres Gefühl für das, was man tut.Wie geschickt er über seine Illustrationen mit seinem Publikum kommunizieren kann, zeigt er an einigen Arbeiten, die für das Cover von The New Yorker entstanden sind. Hierbei bezeichnet er sich zu Recht auch als Journalist, der sensibel auf das Tagesgeschehen reagieren muss. So sei ihm, als er die Anfrage bekam, das Cover mit dem Thema von Fukushima zu gestalten, sofort klar gewesen, dass man nichts mit der japanischen Flagge machen könne, denn diese Assoziation war schon verbraucht. Ebenso könne man nicht das wunderschöne Motiv eines der berühmtesten japanischen Werke, das Gemälde des Künstlers Hokusai, „Die große Welle vor Kanagawa“ verwenden. Niemann entschied sich dafür, die Stille zu zeigen, mit der sich die Strahlung für den Menschen unsichtbar und -riechbar in der Umgebung ausbreitet, das Ergebnis ist beeindruckend und schaurig-schön zugleich.
Christoph Niemann
Illustrator (Berlin)
Christoph Niemann is an illustrator and author. He creates covers for the New Yorker, a visual column for the New York Times Magazine and once drew a Marathon while actually running it.
Man kann gespannt sein auf die nächsten Arbeiten, die Christoph Niemann aus Venedig verspricht, wo er sich als „Visual Reporter“ ins Eröffnungsgetummel der Biennale stürzen wird. Verfolgen kann man diese in seinem Blog.