Tomahawk und Exocet


Schriftdesigner Jonathan Barnbrook ist direkt aus Sydney zur Typo gekommen, und arbeitet gerade für David Bowie. Auch er bemüht Thomas Mores Utopia, beschreibt wie die Vorstellung von Utopia im Lauf der Jahrhunderte immer von korrespondierenden Schriften begleitet wurde.
Jonathan glaubt an die Verbesserung der Gesellschaft durch den Einfluss des Typedesigns. Sein erster Font, Prototype, war noch ohne Computer entstanden. Die Schrift litt allerdings unter einer Identitätskrise, sie vereinigte alle möglichen Schnitte in einer Buchstabenform. Barnbrook erkannte wie wichtig es ist, die historische Entwicklung der Buchstabenform zu beachten. Denn Grafikdesign soll schließlich die Kommunikation erleichtern.
Viele Menschen bringen ihre wahren Überzeugungen nicht in die Arbeit ein, so Barnbrook. Sein nächster Font, Prozac, bestand aus nur sechs Grundformen. Allerdings bestellen manchmal verwirrte Kunden das gleichnamige Medikament bei ihm und verlangen dann ihr Geld zurück.
Barnbrook wurde später vom radarabweisenden Stealth-Bomber und seiner zweckmässigen, bösen, pur funktionalen Form beeinflusst. Unsichtbare Form, aber starke Ästhetik, wie die Helvetica, so Barnbrook. Das Resultat, die Hopeless Diamond, war allerdings schwer lesbar. Es folgten die ebenfalls vom Militär beeinflussten Exocet und Tomahawk, basierend auf Lenkrakete und Marschflugkörper. Um die Schrift Mason gab es einen heftigen Disput, war sie doch ursprünglich nach dem Mörder von Polanskis Frau Sharon Tate, Charles Manson, benannt. Nach Protesten der Opferfamilien liess das Fontlabel Emigre das n fallen. Die Mason bleibt beliebt, auch Disney gestaltet DVD-Cover zum Beispiel für Schneewittchen, mit ihr. Was eine erstaunliche Karriere für einen Font ist, der ursprünglich von einem Serienkiller inspiriert war. Seine Schrift Tourette, benannt nach dem gleichnamigen Syndrom, bei welchem die Betroffenen Anfallsartig Schimpfwörter herausbrüllen, ist perfekt geeignet für dieses Zitat von Clockwork-Orange-Autor Anthony Burgess:

Fuck it,’ the fucking fuckers fucking fucked.

1 Comment

  1. robertmichael|May 24, 2010

    schöner vortrag, nur leider zu 80 % der gleiche wie 2008. :(