Erwin Bauer: Form Follows Passion

Erwin K. Bauer ist alpenländischer Landwirt und Kommunikationsdesigner mit einem herrlichen Wiener Akzent. Sein interdisziplinäres Designstudio »bauer – konzept & gestaltung« wurde zuletzt mit zahlreichen Preisen beim Red dot, beim European Design Award und dem österr. Staatspreis ausgezeichnet. Bauer unterrichtet er an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.

Nach seinem Vortrag über außergewöhnliche Designpartnerschaften mit Mut zum Risiko auf beiden Seiten gehen wir mit vielen interessanten Eindrücken und vor allem mit einigen Denkanstößen aus dem Saal. Erwin Bauers Schaffen orientiert sich an der Ideologie von Victor Papanek, als Vorreiter sozialen und ökologischen Designs in den 60er Jahren einer »seiner persönlichen Heros«. In der Auseinandersetzung mit der Frage, was wir heute wirklich brauchen ist es Bauers zentrales Anliegen, den Menschen im Design ins Zentrum zu stellen und Design als gesellschaftsgestaltende Kraft zu verorten. Wie das aussehen kann, zeigt ein außergewöhnliches Projekt: Über ein Jahr hat er mit seinem Team Botenfahrer befragt und portraitiert, die »als ungesehene Dienstleister einfach vorhanden sind, eher selten angesprochen werden und als schlecht verdienende Menschen in der Gesellschaft existieren«. Auf diese Idee gekommen ist Bauer, weil er selber jeden Tag 20 km durch Wien radelt. Sein Büro liegt in einem alten Industriegelände, von wo aus früher ein Drittel der Stadt mit Licht beliefert wurde und heute viele produzierende Werkstätten angesiedelt sind – optimal für ein multidisziplinäres Gestaltungsbüro, wo Designer, Architekten, Fotografen, Programmierer und Texter arbeiten. Fast alle Projekte entstehen in Zusammenarbeit mit anderen Ideengebern, zudem ist Bauer mit vielen seiner Kunden persönlich befreundet. Das heißt allerdings nicht, dass die Zusammenarbeit immer nur harmonisch ist. Am wichtigsten ist ihm, dass eine Idee mit Leidenschaft getragen wird und Identität sich zusammen mit dem Kunden entwickelt, »sonst überlebt das Design nicht«. Das demonstriert Bauer ausführlich anhand eines Projektes mit gesellschaftspolitischer Brisanz: »Kampf um die Stadt – Politik, Kunst und Alltag um 1930« ist eine Ausstellung, die den Zerfall der Gesellschaft während der Bürgerkriegsjahre in Österreich mit Parallelen zur Gegenwart thematisiert. Wolfgang Klos, Direktor des Wien Museums wollte dafür einen lebendigen Ort des Austausches schaffen, etwas Leidenschaftliches.

Leidenschaft ist für Erwin Bauer die Grundvoraussetzung seiner Arbeit. Trotzdem darf man »nicht egoistisch sein und manchmal bedarf es auch etwas Pragmatismus«. Die Frage ist, wie man die Ratio mit der Emotion vereint. Laut Erwin Bauer bringen es die 10 Gebote immer noch ziemlich genau auf den Punkt, die er zum Schluss abstrahiert in Form von Verkehrsschildern zeigt. »Ich glaube, wenn wir uns daran halten, ist es sehr einfach«.