Gesche Joost – Research Rocks

Als Gesche Joost energisch durch das futuristisch anmutende Typo-Tor auf die Hall-Bühne stürmt, möchte man sie fast für eine ihrer eigenen Studentinnen halten: Jung wirkt sie und dynamisch, besser könnte sie ihr beeindruckendes Curriculum Vitae wohl kaum verkörpern. Gesche Joost leitet das Design Research Lab an den Deutschen Telekom Laboratories, ist bereits Juniorprofessorin und seit 2006 unter den “100 Köpfen von morgen”. Sie freut sich augenscheinlich wahnsinnig, auf der Typo Space zu sein: “Am liebsten würde ich jeden Tag damit beginnen, durch dieses Tor zu schreiten”, das sind ihre ersten Worte – spontan möchte man jetzt schon aus dem Publikum zurückrufen: Ach, Gesche, da wären wir dann gerne dabei!

Gesche Joost auf der Typo Space 2009
Gesche Joost auf der Typo Space 2009
Aus dem Vortragstitel “Research Rocks” macht Gesche Joost sogleich Programm. Als säße man gemeinsam bei einem Kaffee, führt uns die Designforscherin wie nebenbei in Definitionen und Annahmen des User Centered Design ein, sie stützt sich dabei auf Alain Findeli’s und Bruce Archer’s gängige Definition der Designforschung: “Design Research is a systematic search for and acquisition of knowledge related to general human ecology, considered from a designerly way of thinking.”

Was genau das heißt und in welchem Verhältnis die Theorie zur Praxis steht, erklärt sie uns anhand einer Fallstudie, die sie gemeinsam mit dem Design Research Lab durchgeführt hat. Der zu erfindende Prototyp: “G”- das Handy für die Frau. Da sich Gesche Joost und ihr Team nicht beim Klischee “Shrink it and pinkt it” aufhalten, sondern ganz im Sinne des User Centered Designs die Benutzerinnen eng mit einbeziehen wollten, haben sie in wochenlanger Kleinarbeit Frauen zwischen 14 und 65 auf den Zahn gefühlt: Wie sieht euer perfektes Handy aus? Was für tools sollte es unbedingt besitzen? Welche Formen, welche Materialien stehen eindeutig für das weibliche Mobil-Telefon?

gesche-joost-web

Gesche Joost

Gesche Joost is Professor for Design Research at the University of the Arts Berlin. Since 2005 she has headed the Design Research Lab at the University of the Arts Berlin. With international partners, she developed research and teaching projects in the areas of human-computerinteraction, gender and diversity aspects in technological development, as well as social sustainability and participation. Until 2010, she was junior professor for Interaction Design & Media at the Technical University of Berlin. As a visiting professor, she taught Gender and Design at the HAWK Hildesheim. In 2009, she received the Science Award of the Governing Mayor of Berlin for Young Researchers. She is the founding board member of DGTF e.V. (German Society for Design Theory and Research) and board member of the Technology Foundation Berlin.

Saying, Reflecting, Making – in mehrere Phasen teilte sich die Arbeit der Forscher, Experten und Probandinnen auf. Dabei heraus kamen interessante und nicht ganz unamüsante Prototypen: Einen Spiegel sollte “G” unbedingt haben, eine tolle Farbe auch, organische Formen sind ein Must, Glitter dafür altersabhängig.

Toll wäre aber ein “Call Yourself”-Button, mit dem Frau das eigene Handy klingeln lassen kann, wenn der Typ vom Nachbartisch im Café mal wieder nervt. Oder ein “Delete Myself”- Button, mit dem Frau sich selbst aus dem Handy des Ex-Freundes löschen kann. Gesche Joosts Geschichten bringen das Publikum immer wieder zum Lachen – und sie selbst nicht weniger. In einer Stunde verkauft sie uns ihren Job als den Besten der Welt – und wir glauben ihr. Research Rocks? Oh yes: Research rocks!

 

Text — Anna Mauersberger