Erik Spiekermann – Wie man sich darstellt, so wird man gesehen

Wer zu Erik Spiekermanns Vortrag zu spät kam, muss sich ärgern: Eingeleitet wurde nämlich mit einer selbstgedichteten Büttenrede.

Vielleicht ein Stilmittel, dessen Beliebtheit er sich während Kurt Weidemanns FontFight-Beitrages bewusst wurde? Wie dem auch sei, der Redner plädiert: „Eines darf man nicht vergessen, nicht an unseren Sprüchen werden wir gemessen.“ Und so ging es denn auch gleich ans Eingemachte. Zu Beginn sympathisch tiefstapelnd („Meine Arbeit besteht darin, gute Leute zu finden, die gute Arbeit für mich machen“), legte Spiekermann Wert darauf, auch solche seiner Arbeiten zu zeigen, die er nicht verkaufen konnte. „Schrift ist sichtbare Sprache“ – das hat zwar nicht Spiekermann erfunden, aber dennoch schien es Leitmotivisch für seinen Vortrag.

Besonders eindrucksvoll überzeugte er letzte Zweifler mit dem Spiel „Erkennen sie diese Marke“. Dieser Satz wurde in verschiedensten Schriftzügen auf die Leinwand projeziert – und ohne großes Nachdenken konnten individuell sofort die jeweiligen Marken (Marlboro, Mercedes, …) zugewiesen werden. Dass manche Schriften ausschließlich für das jeweils zugeordnete Produkt passen, erläuterte Spiekermann anhand des Beispieles, den ARAL-Schriftzug auf Milchtüten zu platzieren. Das Produkt wäre, unabhängig von Qualität und Preis, nicht an den Kunden zu bringen.


Image durch Typographie von Aral bis (Garten)Zwerg.

Alles in allem war es ein routinierter Vortrag des Redners, der zu guter letzt besonders eindringlich auf seine Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn eingeht. Und so ist nicht nur zu erfahren, dass das DB-Logo hausintern „Keks“ genannt wird und ein Briefing des Konzernt nicht mehr umfasst als zwei Sätze, sondern auch der perfekte Zeitpunkt für ein Meeting mit den Bahn-Vorderen (nämlich niemals um 9 Uhr morgens, idealerweise um 15:30 am Nachmittag). Wie man sich darstellt, so wird man gesehen – bei der Bahn bedeutet dies, dass sie eine „lebendige Familienschrift“ möchte, die allerdings „weit über das Bahnfahren hinaus“ wahrgenommen werden sollte. Das scheint Spiekermann, der nach Eigenauskunft „sein ganzes Leben gegen senkrechte Linien und Rahmen“ gekämpft hat, gelungen sein. Auch wenn er in diesem Kampf dem Bahnvorstand manches mal unterlegen ist.

Text: Dörte Schütz, Foto: gerhardkassner.de

Erik Spiekermann © Dennis Letbetter

Erik Spiekermann

Art Historian, Information Architect, Type Designer, Author (Berlin, San Francisco, London)

Erik Spiekermann is information architect, type designer and author. Two of his typefaces, FF Meta and ITC Officina, are considered to be modern classics. He founded MetaDesign (1979) and FontShop (1988). He is behind the design of well-know brands such as Audi, Bosch, VW, German Railways and Heidelberg Printing, among others;  information systems for Berlin Transit and Düsseldorf Airport and for publications like The Economist. He designed exclusive typefaces for corporations like Deutsche Bahn, Bosch, ZDF (German TV), Cisco, Mozilla and many others. Erik is Honorary Professor at the University of the Arts in Bremen and in 2003 received the Gerrit Noordzij Award from the Royal Academy in The Hague. In 2006 he was awarded an honorary doctorship from Pasadena Art Center. He was made an Honorary Royal Designer for Industry by the RSA in Britain in 2007 and Ambassador for the European Year of Creativity and Innovation by the European Union for 2009. In 2011 he received the German National Design Award for Lifetime Achievement and the TDC Medal as well as a Lifetime Award from the German Art Directors Club. He was managing partner and creative director of Edenspiekermann with offices in Berlin, Amsterdam,  San Francisco and Los Angeles until June 2014 when he moved from that position to the supervisory board. He now runs galerie p98a, an experimental letterpress workshop in Berlin. Erik splits his time between Berlin and San Francisco and London, where his son Dylan lives. A book about his life and work “Hello I am Erik” was published by Gestalten Verlag in 2014. Photo: Dennis Letbetter