Film: Looking for Mr Gill

Zu Beginn saßen nur sechs Zuschauer in der TYPOshow, wo die verschrobene aber liebenswerte Dokumentation „Looking for Mr Gill“ gezeigt wurde. Der Filmemacher Luke Holland begibt sich auf eine Reise in das kleine Städtchen Ditchling – „a very english village“ – wo der Künstler Eric Gill seine Spuren hinterlassen hat. Der von 1907 bis 1913 in England lebende Künstler war Maler, Kalligraf, Bildhauer, Kupferstecher, Stempelschneider und Typograf, konvertierte – da streng gläubig – zum Katholizismus und war Mitbegründer der Guild of St Joseph and St Dominic, einer religiösen Gemeinschaft von Kunsthandwerkern. Gills Schriften sind bis heute omnipräsent.

Allerdings hatte Gill eine recht zwiespältige Einstellung zur Moral: Auf der einen Seite war er tief religiös, andererseits hat er angeblich mit seiner Schwester geschlafen, die ihm auch oft Modell für seine Aktzeichnungen stand. „His balls are bigger than his brains“, dieses Zitat scheint also zuzutreffen. Im Film kommen viele Verwandte und Bekannte des Künstlers zu Wort und erinnern sich an alte Zeiten. Es sind wehmütige, tiefgehende aber auch lustige Erinnerungen, die ans Tageslicht gelangen.

Während des 45minütigen Films füllte sich der Saal und an den vielen skurrilen Stellen war immer wieder Gelächter zu hören: Zum Beispiel als ein Mann die Fassade des „The Bull Hotel“ streicht und dabei gemütlich auf einem roten Telefonhäuschen der alten englischen Art sitzt. Oder als eine Fliege mit einer Tennisschläger ähnlichen elektrischen Fliegenklatsche umgebracht wird. „Looking for Mr Gill“ ist auf jeden Fall ein Film, der sehr anschaulich vom Leben Eric Gills erzählt und nicht nur für GestalterInnen interessant ist.

Franziska Seyboldt

1 Comment

  1. Lale|May 29, 2008

    Ich bin voller Interesse in den Beitrag gegangen und war von der Doppelmoral des Herr Gill sehr enttäuscht. Genie und Wahnsinn? Ich bin mir nicht sicher. Zumindest wird in dem Beitrag klar, das es nicht nur die Schwester sondern seine eigenen Kinder waren, mit denen er sich vergnügt hat. “Immerhin waren sie schon Teenager” so entschuldigt eine ältere Dame das verhalten. Wie auch immer ist bei meinem ursprünglichen “Helden”, die Fassade gefallen und das was ich sehen konnte hat mich enttäuscht.