Andrea Tinnes: Lust auf Buchstaben

Andrea Tinnes lebt und arbeitet als Grafik- und Schriftdesignerin in Berlin. 2004 gründete sie ihr eigenes Fontlabel typecuts. 2008 wurde sie als Professorin für Schrift und Typografie an die Hochschule Burg Giebichenstein in Halle berufen. In ihrem Vortrag »Lust auf Buchstaben« stellte sie einige ihrer eigenen Arbeiten vor, sprach über ihre eigene Begeisterung und Lust auf Buchstaben und skizzierte die Herausforderungen bei der Lehre. Darüber hinaus ließ sie auch zwei ihrer Studenten zu Wort kommen.

Warum existiert eigentlich das Interesse an Schriften und die Lust auf Buchstaben? Man könnte ganz einfach sagen, dass es ohne Schrift keine Kommunikation gibt. Doch es ist noch viel mehr: Das Alphabet ansich ist ein vermeintlich starres System. Mit Veränderungen und Kombinationen lässt sich daraus ein wahrer Formenschatz generieren. Andrea Tinnes, die in Kalifornien dank eines Stipendiums studiert hat, wurde dort von Ed Fella und Jeffrey Keedy beeinflusst. Bei Ed Fella, der erst mit 47 Jahren ein Masterstudium gemacht hat, begeistert sie die Spielfreude und die Lust, wie er Buchstaben (illustrativ) verändert. Das Büro von Fella ist ein Glaskasten an der Hochschule. Dort können Studenten vorbei kommen und seinen Fundus an Aufnahmen von Werbegrafiken im öffentlichen Raum anschauen, den er seit den 70er Jahren angesammelt hat. Jeffrey Keedy mit der Keedy Sans ist bekannt für Katalage, Type Specimen, aber auch für kontroverse Texte wie im eye magazine (Aussage: »Dark age of type design« als es um das »golden Age of type design« ging). Er hat ein umfangreiches Wissen zu Schrift und Schriftgeschichte und durch ihn hat Tinnes viele interessante Personen kennengelernt. Die Grafik- und Schriftdesignerin lernte in Kanada die Lust auf Form und Farbe auszuleben. Form ist immer auch an einen Inhalt verknüpft, das ist das Spannende. Sie interessiert das Ganze Spektrum von Schriften – von 3D-, über geometrische bis hin zum ornamentalen Fonts. Zudem arbeitet sie sehr gerne mit Farben, bei ihr ist alles bunt, das ist ihr gerade nach der Arbeit mit Fontlab ein großes Bedürfnis.

Nachfolgend ein kurzer Einblick in die Projekte von Andrea Tinnes: Die erste Schrift, die die Type-Designerin 2001 entwickelt hat, heißt Skopex. Sie hat viele kleine verspielte Details und asymmetrische Serifen. Ihre eigenen Schriften wendet die junge Professorin sehr gerne bei ihrer Gestaltung an. Ihr besonderes Interesse gilt Ornamenten und floralen Elementen. Davon inspiriert entwickelte sie von 1999 bis 2001 mit Volvox ein eigenes Schriftensystem, das ganz tolle Effekte hat, wenn man die ornamentalen Schriften übereinander legt. Für das Hotel Easter Columbia konzipierte und gestaltete sie eine Wortmarke und erstellte dazu eine Outline-Schrift, die beliebig kombinierbar ist. Roletta heißt ihre neueste Schrift, die gerade zur Typo fertiggestellt wurde. Sie ist entstanden als Corporate Font während einem Pitch für rbb, den sie nicht gewonnen hatte. Damals hatte die Schrift runde und eckige Ecken, inzwischen sind es nur noch Rundungen. Von Regular bis Black verfügt sie über alle Schnitte sowie über einen großen Zeichenbestand. Für das Projekt »Deutschland in Vietnam« wurde die Roletta jüngst verwendet und um Zeichen des vietnamesischen Zeichensatzes, zwar ein arabischer aber relativ umfangreicher Zeichensatz, ergänzt. Für das Buch Typolyrics von Slanted fertigte sie eine Illustration zu dem Lady Gaga-Song Telephone an. Bei einem anderen Projekte für die Expo Shanghai 2010 wurde sie von Alex Branczyk gefragt, ob sie eine Seite eines Typocubes zum Thema »Berlin – Stadt der Kontraste« gestalten könne. Ihr Kontrast – zwischen nüchtern und ekstatisch – drückt sich in einem &-Zeichen aus.

Bei dem nächsten Vortragspunkt, der Lehre, stellt sich ihr die Frage, wie sie Leidenschaft für Schrift weitergeben kann. An der Burg Giebichenstein unterrichtet sie im ersten Semester im Schnitt 50 bis 60 Studenten pro Klasse und führt diese an die typografischen Fragestellungen heran. Sie sollen Buchstaben als Gestaltungsmerkmal verstehen und dies spielerich mit Typo-Plakaten, einem Typo-Garten (zur Langen der Wissenschaften) oder Schrift-Zeit-Reisen erfahren. Andrea Tinnes zeigte Arbeiten aus dem ersten Semester, die sich auf die unterschiedlichsten Weisen mit Schrift und Typografie auseinandergesetzt haben. Zum Schluss kamen noch zwei ihrer Studenten zu Wort, ein sehr netter und symphatischer Zug der charmanten Rednerin.

Niels »Shoe« Meulman: Calligrafitti


© Thorsten Wulff

Den Rückblick auf sein bisheriges Schaffen hält Niels Meulman kurz: Die ersten beiden Folien zeigen ihn als Teenager und ein Grafito aus dieser Zeit, das – offenbar flüchtig – an eine Wand gesprayte Wort »Shoe«. Unter dieser Bezeichnung sollte sich Meulmann in den folgenden Jahren einen Namen in der internationalen Grafittiszene machen. Sein unverwechselbarer Stil ist schon in diesem frühen Werk angelegt. Um diesen zu beschreiben, spannt er seine Arme weit auseinander. Auf der einen Seite stehe die Kalligrafie, auf der anderen Grafitti. Alles, was sich zwischen diesen beiden Polen abspiele, so Meulman, sei sein Ding. Calligrafitti nennt er das, »traditional handwriting with a metropolitan attitude.«

Heute, über ein Vierteljahrhundert später, stellt Niels Shoe Meulman auf der TYPO Stage einige ausgewählte Spreads aus seinem jüngst veröffentlichten Buch vor. Jede Doppelseite befasst sich dabei mit einem interessanten, in expressivem schwarz-weiß kalligrafisch umgesetzten Doppelspiel: Ordnung & Chaos, Idee & Ausführung, immer & nie, usw… Noch bis Samstag sind einzelne Originale am »From here to Fame«-Stand im Haus der Kulturen der Welt ausgestellt und auch käuflich zu erwerben.

Am Ende wartet Meulman mit einem kleinen »typographical desert for all you Typo-nerds out there« auf: Ein paar Kostproben aus seiner umfassenden Sammlung von Bildern, auf denen er weltweit auf dem Kopf stehende »N«s im öffentlichen Raum festgehalten hat.

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Der Medienpionier: Joachim Sauter

Joachim Sauter, Medienkünstler und Designer, ist Professor an der UdK Berlin und der UCLA Los Angeles. »Ein Medienpionier der neuen Medien«, wie ihn Simone Wolf angekündigt hat. Gerade wurde eine seiner Arbeiten mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Frank Schomburg: Magie emotionaler Resonanz


© Gerhard Kassner

Mitte der 90er Jahre war man »drin«, um es mit Boris Becker zu sagen. Dass das Internet vom Informationsnetz zum Mitmach-Web geworden ist, belegte Frank Schomburg mit einer eindrucksvollen Zahl: So wäre facebook heute, gemessen an seinen Mitgliedern, die drittgrößte Nation der Erde. Das Verhalten der User des Web 2.0 könnte aber unterschiedlicher nicht sein. Die Digital Visitors nehmen eher passiv am Geschehen teil und fühlen sich durch die Informationsflut im Netz bedrängt. Sie sehnen sich nach Regeln und Steuerung. Anders die Digital Residents, die das Netz und die Informationen darin selbst gestalten wollen. Die Frage nach Gewinnern oder Verlierern im Glaubenskrieg zwischen Digital Visitors und Residents, zwischen Hierarchie und Netzwerk, ließ Schomburg jedoch offen.

Nach dieser komplexen Analyse zeigte Schomburg, der für seinen kurzfristig erkrankten Kollegen Peter Kruse eingesprungen war, welcher Faktor entscheidend ist, wenn das Web 2.0 zur Revolution 2.0 werden sollte: Die Empathie der User. Die emotionale Resonanz eines Einzelnen bleibt persönliche Auseinandersetzung. Verknüpft, ergänzt und reflektiert im Netzwerk, kann daraus eine Bewegung entstehen. Schomburgs Beispiele reichten vom Hype um Britain’s Got Talent -Kandidatin Susan Boyle bis hin zum erfolgreichen Kitkat-Umwelt-Protest-von-Greenpeace-gegen-Nestlé-Video, das besonders durch die große virale Verbreitung bei youtube und anderen Portalen für Furore sorgte. Schomburgs Fazit nach diesem Diskurs über Vernetzung: Transparenz und Authentizität machen den Erfolg eines Netzwerks aus. Eines aber ist der Motor für alles – Passion.

Carlos und die Gullydeckel aus Indien

Carlos Segura

Carlos Segura flüchtete im zarten Alter von neun Jahren mit seiner Familie aus Kuba in die USA. Die Seguras stammten ursprünglich aus Spanien, und waren im Kaufhausgewerbe. Man wurde in Kuba nicht wirklich froh, also ging die Reise weiter nach Amerika. Der kleine Carlos bekam gleich nach der Ankunft eine Coke in die Hand gedrückt, spuckte die National-Brause aber wieder aus, weil auf seiner Zunge noch nie Blasen geprickelt hatten. Während er die Limonade vergaß, prägte Segura sich das Design eines Werbeschildes der Tankstellenkette Sunoco ein, und der erste Schritt in einer erstaunlichen typografischen Karriere war gemacht.
Segura begann mit 12 in einer Band zu spielen, und wurde später in Personalunion der Manager, Schlagzeuger und Fahrer der Kombo. Außerdem fing er an die handgezeichneten Flyer der Band zu entwerfen. Der Anfang seiner Grafikdesignkarriere war gemacht. Was folgte waren Segura inc und die berühmte Fontschmiede T26.
Unter dem Motto »Communication that doesn’t take a chance doesn’t stand a chance« wurde bei Segura die doppelt mit dem Red Dot Award ausgezeichnete Kampagne für die Stockfotoagentur Corbis samt der später dazugekauften Agentur Reuters entwickelt. Corbis steckte in einer schweren Krise, und Seguras Kampagne hat den Laden gerettet. Mit dem CROP Katalog besann sich Carlos auf die Einbeziehung der konzeptionellen Realität in den Job. Fotokataloge waren nicht mehr völlig abgehoben verpackt, sondern sahen plötzlich so aus wie die Portfolios, mit denen Fotografen die Bildredaktionen besuchten um ihre Bilder anzupreisen. Bilder wie die Porträts von Kurt Cobain und Charlton Heston wurden gegeneinandermontiert, wobei der eine sich in den Kopf geschossen hatte, während der Andre als Boss der mächtigen National Rifle Association nur Knarren im Kopf hatte.
Carlos präsentierte eine Kampagne für den Federgabelhersteller Rock Shox, für den das Logo leicht überarbeitet worden war. Segura inc. half dem Kunden dabei sich mittels eines innovativenb Katalogs von der Konkurrenz anzusetzen, der Buchblock war gemäss des neuen claims »The earth is not flat« in der Terrainstruktur des firmeneigenen Testgeländes bei Las Vegas abgestuft.
Segura zeigte unter dem Label 5inch.com produzierte, vorgestaltete CD-Rohlinge, eine bei DC/Vertigo erschiene Comicreihe von Grant Morrisson, deren Cover eher an militärische oder Apothekenfachliteratur erinnerten als an Grafiknovellen.
Carlos wundert sich darüber dass die Gullydeckel der Amerikanischen Metropolen inzwischen in China, Indien oder Mexico hergestellt werden, und folgert daraus dass »Everybody wants more because it sounds like progress«

Yves Peters 2009

Yves Peters: Fonts – A passionate love story

Imagine a world where typography designers wouldn’t get paid for their work but instead would be supported by the »STD« (or »Support for Typographic Designers«) foundation.
Instead of paying money for groceries, clothes or other necessities, designers would just show their STD identification card and get whatever they want.

Kundenbindung durch Passion und Know-how

“Kundenbindung ist ein Wort, das man aktuell fast überall hört. Noch stärker gesagt wäre das: Die Kunden unserer Kunden binden,” so Daniel-Jan Girl ganz am Anfang seines Vortrags, in dem er bei der Kundenbindung die Bereiche Passion und Know-how aufgesplittet hat. Doch brauchen tut man beides. Die Grundlage der Kundenbindung sind Emotionen, Passion, Leidenschaft. Dies ist wichtig zu wissen, da gerade Akquise ein sehr leidiges Thema sein kann. Know-how definiert der Experte für Kundenbindung als die Erfahrung von Fehlern an sich, also die Fehler, die man nicht mehr machen möchte. Know-how als die Erfahrung, Wissen anzuwenden.

Grundlage der Kundenbindung ist aber auch die einfache und schnelle Kommunikation. “Gute Kundenbindung ist die beste Kundengewinnung,” lautet eine altbewährte Regel von Girl, der darauf hinweist, dass eine Kundenbindung unbedingt auch belastbar sein muss. Doch wie kann man Kunden binden? Beispielsweise mit Kundenmagazinen, Flyern oder auch Kundenkarten, die jeder in seinem Geldbeutel hat. Wichtig sind Rabatte, USP und Überzeugung sowie auf jeden Fall die Kernleistung, welche stimmen muss. Zudem sollten Strukturen, zum Beispiel mit einem Content-Management-System (CRM) geschaffen werden, damit eine zentrale Plattform im Hintergrund laufen und von vielen bedient werden kann. Daniel-Jan Girl betont, dass man vor zehn Jahren noch erklären musste, was eine Kundenkarte ist (“… die Karte im EC-Kartenformat.”); heute kaum noch vorstellbar.

Ein sehr nahe liegender, wichtiger Punkt ist die persönliche, individualisierte Ansprache – gerne per E-Mail oder Brief, wobei letzterer wieder an Bedeutung gewinnt. Denn, wer will schon nur Rechnungen erhalten? Schöner ist es, auch mal einen Gutschein, einen Rabatt-Coupon oder ein Geschenk zugeschickt zu bekommen. Darüber hinaus sollte bei Kundenbindungsmaßnahmen immer wieder aktiv nachgelegt werden – also eine Kontinuität erkennbar sein – und der Kunde sollte nicht durch langweilige oder einmalige Aktionen ermüdet werden. Ebenfalls nicht zu unterschätzende Themen sind Suchmaschinenoptimierung (Google), die regelmäßige Aktualisierung der Website oder auch Social Media. Was kann also jeder tun? Zunächst – wie eigentlich immer – analysieren und Ziele definieren und diese Ziele dann mittels einem Weg und dem notwendigen Mitteleinsatz erreichen.

“Know-how kann man einkaufen, Passion muss man haben.” Da sagt der Referent etwas Wahres und blickt zugleich in die Zukunft, bei der sich alles um mobiles Internet und Apps, RFID (Radio Frequency Identification)-Technologien, die Anpassung an den Konsumenten oder die Vereinfachung aller Abläufe durch die Technologie drehen wird.

Vieles des Genanntem erscheint einem klar und selbstverständlich, es muss einem nur mal wieder vor Augen geführt und dann auch gelebt werden. Ein Vortrag, der weniger aus Design denn aus BWL’er Sicht gehalten wurde, aber gerade auch für Designer nützliche Tipps enthalten hat.

Typo Sweets

Der Designerdock-Stand ist jedes Jahr Anlaufstelle der Typo-Chocoholics… 2009 wartete eine Schale randvoll mit lecker Schweizer Schokolade auf dem Tresen, in mundgerechten kleinen Stücken. Auf dem Weg in die Hall konnte man sich also immer mit einem Schokoschub versorgen. Dieses Jahr überrascht das Designerdock-Team statt dessen mit Brausepulverbonbons… an denen lutscht man zwar etwas länger rum, aber die Hände kleben nicht so. Schoki gibt‘s trotzdem, für 1,50 pro Tafel DDSCHOKKO.

Dafür gibt es Typolade am FontShop-Stand, das Motto ‚Passion‘ aus der FF FagoMo Bold als Riegel für 2,50 das Stück. Unter http://typolade.de/ kann man aber auch selber aus Schokolade setzen…

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Welcome to TYPO 2010

This week, TYPO Berlin will be the focal point of new graphic upheavals. In an echo of how desktop publishing (DTP) revolutionised pre-print at the end of the 1980s, digital communications are on the verge of a quantum leap. Who is behind it? Apple? Google? The TYPO program team compares the situation today with that of 25 years ago.

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