Mit Bestürzung erfuhren wir, dass Daniel Josefsohn im Alter von nur 54 Jahren verstorben ist. Bereits im vergangenen Jahr musste er unsere Einladung auf der TYPO zu sprechen absagen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.
Seine Fotografien entziehen sich gängigen Sehgewohnheiten und bewegen sich scheinbar schwerelos zwischen Kunst und Kommerz. Nach der legendären Miststück-Kampagne für MTV in den 1990er-Jahren arbeitete Josefsohn für zahlreiche Magazine und prägt seit 2011 mit seinen Arbeiten das Bild der Volksbühne Berlin.
Als Daniel Josefsohn im November 2012 einen Schlaganfall erlitt, geriet sein Leben aus den Fugen. Ein Jahr später erhielt er das Angebot des ZEITmagazins, seinen Kampf ein Jahr lang zu dokumentieren. Es entstand ein gewagtes Selbstbeobachtungs-Projekt, das den eigenen Stillstand nicht hinnehmen will. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Karin Müller, die seine Äußerungen in Worte fasst, begab er sich in das schonungslose Karussell der Selbstreflektion. Seine Fotos wurden dabei von tagebuchartigen Notizen begleitet, Episoden des aktuellen, eingeschränkten Lebens, “kleine Splitter der Zeit” (Arte), die sich mit den vergangenen Geschichten eines freien, libertinen Lebensstils zu einem leidenschaftlichen Panoptikum zusammensetzen. Am Leben, so der Titel der ZEITmagazin-Kolumne, feierte das Überleben mit den Mitteln des Humors, der Hingabe und der absoluten Liebe zum Leben.
Im November 2014 wurden Daniel Josefsohn und Karin Müller für diese Arbeit von der Lead Academy in der Kategorie Reportage mit Gold ausgezeichnet. Unter dem neuen Titel FUCK YES werden nun in einem Buch zum ersten Mal alle Kolumnen-Beiträge in deutscher und englischer Sprache versammelt. Es wird ergänzt durch ein Vorwort von Christoph Amend, Chefredakteur des ZEITmagazins, sowie einem Interview-Beitrag des Publizisten und Kulturtheoretikers Holm Friebe.
Auf der TYPO Berlin 2015 sollte Amend mit Josefsohn darüber diskutieren, was es bedeutet, wenn ein Leben auf der Überholspur plötzlich eine Vollbremsung erzwingt, und über primäre und sekundäre Krankheitsgewinne sowie Nahtod-Erfahrungen in der Fotografie. Er musste aus gesundheitlichen Gründen absagen.
– Kolumne von Daniel Josefsohn auf art online
– Daniel Josefsohn im Gespräch mit Mike Meiré für Interview
Text: TYPO Berlin, Hatje Cantz, Distanz