„Ich würde gerne auf einem Papier von Metapaper drucken.“ Drucker: „Das geht nicht, die haben nicht mal ein Fax. Da weiß ich gar nicht, wie ich da bestellen soll.“ In Traditions-Handwerksbetrieben, wie sie in der Druckbranche – erfreulicherweise! – noch häufig vorzufinden sind, hatte Metapaper keinen einfachen Start. Die Idee, eine reine Online-Plattform für Papierbestellungen zu entwickeln, statt „Lieferant a auf Kurzwahl 1 und Lieferant b auf Kurzwahl 2“ anzurufen, wirkte auf manche vermutlich umständlich oder gar beängstigend. Wie generiert man Vertrauen in ein solches Vorhaben und wie findet man Partner dafür? Laut der Metapaper-Gründer Olaf Stein und Axel Scheufelen war die Visualisierung ihrer Konzepte in allen Entwicklungsphasen entscheidend.
Namen und Preislisten
Als Gestalterin, die hauptsächlich im Print-Bereich arbeitet, ist mir das Thema „Papierauswahl“ vertraut. Ich wühle mich durch schwere Ringordner, detailverliebt gestaltete Poster, kitschige kleine Bücher und bereits vergilbte Einzelbögen. Ich schaue, vergleiche, fummle. Meine heilige Papiermustersammlung. Alle von verschiedenen Papierherstellern und Druckereien, ein Wirrwarr an Namen (die auch gerne und regelmäßig geändert werden), Preislisten und Bogengrößen.
Nullpunkt
2011 stellten sich Olaf Stein und Axel Scheufelen die Frage, ob es für Gestalter keine einfachere, zeitgemäßere Lösung zur Papierauswahl geben könnte. Es entstand die Idee, einen Online-Shop zu entwickeln, mit einem kleinen aber feinen Angebot an Basispapieren. Zwölf verschiedene Oberflächen, bis zu drei unterschiedliche Weißfärbungen. Dann noch ein Häkchen bei der richtigen Grammatur, dem passenden Format und der Bogenanzahl gesetzt, fertig. Der Warenkorb ist gefüllt. Stein betont, dass es so auch möglich ist, kleine Mengen abzunehmen – nicht gleich ein bedrohliches Ries.
Partnersuche
Es musste eine Visualisierung gefunden werden, „die den Investoren ermöglicht, die Idee zu verstehen“ und „Papierlieferanten überzeugt, mit uns zusammenzuarbeiten“, erläutert Stein die Herausforderungen bei der Veranschaulichung des Geschäftsmodells. Als Designer und Mitbegründer der Branding-Agentur „Factor“ ist es nicht verwunderlich, dass er von Anfang an großen Wert auf das Entwickeln der Marke und deren Erscheinungsbild legte. Präsentationen, Klick-Dummies, erste Musterbücher – eigentlich sah alles schon „fast fertig“ aus, als sie um Partner und Investoren warben. Mit Erfolg.
Plattform
Mittlerweile hat sich Metapaper zu einer interaktiven Plattform entwickelt, die im Sommer ihren neuen Webauftritt vorstellen wird. Schon jetzt gibt es neben dem Online-Shop die Möglichkeit, nach (von Gestaltern empfohlenen) Druckereien vor Ort zu suchen, und Wissen und Anregungen zu den Themen „Papier“, „Drucktechniken“ oder „Veredelung und Weiterverarbeitung“ auszutauschen. Auch bedruckte Dummies und Hilfestellungen bei der Planung von Geschäfts-Drucksachen werden angeboten.
Trotz aller Online-Aktivitäten gibt es natürlich ein kleines Musterbuch. Schließlich geht es immer noch um Papier, ein Material, das man haptisch erleben muss. Und ein Fax hat Metapaper auch. Darüber kann man allerdings keine Papiermuster verschicken – eine meiner Lieblingsanekdoten aus meiner persönlichen „Kunden fragen, Gestalter stutzen“-Sammlung.
Written by Jenna Gesse •